Montag, 30. März 2020

Hoflieferanten-Orgeln des Herzogs von Anhalt-Zerbst

Nachdem im Jahr 1883 Wilhelm Rühlmann zum "Hoflieferanten" des Herzogs von Anhalt(Zerbst) ernannt wurde forderten die kleinen Landgemeinden, welche alle ihre, wenn überhaupt vorhanden Kapellen, durch kleine aber repräsentative Neubauten an Kirchgebäuden ersetzten, neue Instrumente, klangvoll und raumgreifend. Dem Zeitgeschmack entsprechend- auf technisch höchsten Stand. Warum nicht bei dem neuen Hoflieferanten des Landesvaters anfragen.
1881 goldene Medaille Industrieaustellung Halle

Rückseite der Medaille Halle,1881
Er lieferte mit seiner rapide wachsenden OrgelbauAnstalt ausgezeichnete Instrumente die durch Güte der Arbeit, des ausgewählten Materials und natürlich mit einem rund fülligen prächtigen Klang bestechen.
Es folgen Dörfer um die Stadt Zerbst, diese Instrumente sind alle sehr klein, genauso wie die Kirchen und die Gemeinden vorort, aber jedes Dorf wollte eine eigene Andachtsstätte und diese sollte schön und repräsentativ sein! Diese Instrumente wurden alle vor der Jahrhundertwende in das Herzogtum Anhalt geliefert und entstammen der mechanischen und frühpneumatischen Zeit bei Rühlmann.
Alle Orte sind versteckt und so klein und unbekannt das man echt suchen muß. Wir fangen an mit der Orgel für BONE erbaut im Jahr 1882 als opus 42. auf mechanischen Schleifladen stehen mixturlos 6 Register.
Bone  -  Orgel seitenspielig
In der romanischen Feldsteinkirche die damals saniert wurde, fügt sich das Instrument mit seinen typisch und einfachen Formen schlicht ein. Es ist seitenspielig, funktioniert tadellos und hat eine kraftvolle herbe Klangsprache.
mechanischer Spielschrank
Im nicht weit enfernten BONITZ wurde im selben Jahr eine Kirche mit Kreuzförmigen Grundriss aus Backstein erbaut.
Orgel in Bonitz, Positiv mit angehängtem Pedal.
ein kleines, pedalstimmenloses Instrument ähnlich einem Positiv mit angehängtem Pedal wurde installiert als opus 44 im Jahr 1882. Diese kleine Orgel fristet ein Schattendasein, ist ungepflegt, wird selten gespielt, funktioniert aber wenn man sie streichelt und klingt nach dem Erbauer...kräftig herb-mit nur 4 Stimmen-diese in sehr differenzierter Weise. Unser Weg führt weiter nach BORNUM -hier steht opus 81 aus dem Jahr 1886.
Bornum
Mit oft verwendeten neogotischem Gehäuseformen, schlicht und einfach fügt sie sich in den damals neuen Kirchenraum ein. 1963 wurde sie sogar umdisponiert - das Ergebnis kann sich aber dennoch hören lassen, obwohl diese Maßnahme nicht nötig war. (siehe Werben op.25) Sehr gepflegt und gut spielbar, zeigt das Instrument was es kann-nun mit neobarocker Disposition-allen Streichern beraubt! Die Spielfreude springt trotzdem auf den Spielenden über.
Spielschrank in Bornum, man erkennt die umdisponierten Registerzüge
Die Qualität der Gesamtanlage überzeugt ganz einfach. Im kleinen Ort LUSO , die Kirche ist die "Gesangbuchkirche" eine Masse an Gesangbüchern aus allen Zeiten ist hier versammelt, kommt die nächste Orgel von Rühlmann zu stehen. Opus 110 aus dem Jahr 1890! Eines der ersten pneumatischen Instrumente (ab op.85 wurde pneumatisch gebaut) auf der damals neuen Kastenlade kommen auch nur wenige Manualregister zum klingen. Der Subbass 16' steht auf seiner eigenen Lade.
Luso
Im einfachen neoromanischem Gehäuse mit 3 Flachfeldern mit Rundbögen besticht auch dieses Intrument-es sei denn man hat jemanden der Wind schöpft- mit einer prächtigen 8 Fuß Basis, kraftvoll und raumfüllend. Der Spieltisch hat runde Wangen und ist mit einem Rolldeckel verschlossen (op.106 - Schwemsal bei Bad Düben ist fast baugleich und soll restauriert werden)
Spieltisch in frühpneumatischer Ausführung und Rolldeckel
Hier kommt die frühe Pneumatik und die Kastenlade in der Variante I zur Nutzung. (Abstrompneumatik bis zum Spieltisch) Diese kleine Orgel lässt sich hervorragend spielen und ist präzise und dabei geräuscharm und pneumatisch-ein einmaliges Spielgefühl. Wir fahren einen Bogen und landen in JÜTRICHAU zwischen Zerbst und Dessau gelegen. Auch hier eine neue Kirche mit neuem Instrument.
Jütrichau, kleine Dorforgel
Gewartet, spielfähig, freundlich und freut sich das sie benutzt wird-auch wenn sie nur ganz klein ist. Ein einfaches Holzsichtiges Gehäuse im Neoromanischem Stil, dahinter auf pneumatischen Kastenladen der Version I - 4 Manual und 1 Pedalregister. Tadelloser Anschlag und Repetition zeugen davon, das die Pneumatik bei diesen ersten Instrumenten schon total ausgereift war.
Original erhaltene Kalkantenglocke in Jütrichau
Es macht einfach Spass und Freude auf den kleinen Instrumenten zu spielen, auch wenn man eingeschränkt ist. Wir nähern uns der Elbe bei Aken, der nächste Ort ist BIAS - hier steht opus 160 aus dem Jahr 1894!
Bias, Orgel im Kirchenraum
Die Kirche wirkt schon etwas größer, auch das Instrument, welches original erhalten ist wurde größer disponiert. Kraftvoller Orgelton im Raum, dazu eine Rauschquinte 2fach die über den 8' Füßen strahlt, der Salicional ersetzt die etwas stärkere Gambe und bringt Farbe in die wenigen Register. Auch diese Orgel ist top gepflegt und möchte gespielt werden.
Spieltisch in Bias
Auch hier pneumatische Kastenlade nach Version I. Funktioniert und repetiert tadellos! Herrlichste Klänge aus den kleinsten Instrumenten-das zeigt diese Auswahl aus kleinsten Orgeln.
Auslassventile und Hilfsmembranen der Kastenlade Version I in Bias
Am Schluß der Orgelfahrt kommen wir nocheimal zurück zu einem frühen pneumatischem Opus , der 119ten Orgel aus dem Jahr 1891 am Elbübergang nach Aken, in Steutz! Steutz hat eine herrliche romanische Kirche die damals erweitert wurde und auch eine großzügige neue Orgel wurde hier installiert.
Steutz/Elbe, größere Dorforgel
Auf II Manualen stehen absolut klangschön zueinander die schönsten Register zur Verfügung. Gamba 8' krächst auf I ordentlich, das Salicional 8' auf II ist fast gleichstark nur anderer Intensität. Die Principale auf I und II korrespondieren miteinander und ergänzen sich, der Geigenprincipal 8' (II) hat Kraft und Würde im Ton. Die Mixtur 3 -4 fach ist mild gehalten, sie rundet das Klangspektrum ab ohne zu schreien hat aber auch Kraft und Gravität, zu dieser Zeit wurde die Mixtur als 2' und 2-2/3' gebaut, Sie strahlt noch regelrecht...später um 1910 wurden bei kleinen Orgeln Mixturen mit 5-1/3' eingesetzt, diese klingen dramatisch im Klang-sie nehmen Bezug auf den Bordun16' und spielen sich als Zeuger des Vollen Werkes auf-man denkt man hat eine Kathedralorgel vor sich und es sind vielleicht nur 12 Register  -das sollte damit erzeugt werden, die schönsten differenzierten Stimmen in 8' und darauf das volle Programm- Oktave 4' und Mixtur 4 fach 5-1/3'.
Spieltisch in Steutz
Aber hier in Steutz ist noch die strahlende milde Variante zu hören., auf pneumatischen Kastenladen der ersten Generation, tadellos funktionierend, lediglich wird die Orgel zu wenig gespielt-es hängen ein paar Töne, aber durch clustern* und die daraus entstehenden Luftschwankungen stellen sich diese wieder ein, ein tolles Instrument mit herrlichsten orchestralen Klängen!
frühe Pneumatik in Steutz. (überarbeitet)

Freitag, 20. März 2020

GERBITZ op.98 aus 1889

Gerbitz unweit von Bernburg. Hier wurde in die neuerbaute Kirche aus rotem Backstein die mittlerweile ein neues Dach hat und eine Ausstellung im Turm beherbergt, ein neues Orgelwerk installiert.
Gerbitz op.98
All das im Jahr 1889 mit der damals neuesten Technik, der Röhrenpneumatik, welche beim Besten auf diesem Gebiete bestellt wurde. Rühlmann mit seinen wackeren Genossen erschufen für die neue kleine Dorfkirche die 98te Orgel die die Anstalt verließ. Eine Voix céleste fehlt leider noch im Registeroevre, diese wurde erst ein paar Jahre später zum Standard. Das Orgelwerk ist das 18te pneumatische Instrument was auf der mitAbstromprincip basierenden Kastenlade (in Kooperation mit Ernst Röver/Hausneindorf) beruht.>Rühlmann Pneumatik System Version I.
Spieltisch- Firmenschild ist geklaut.
Momentan ist die Orgel nicht spielbar , ist aber in allen Teilen komplett und original erhalten was einer Restauration eines der ersten pneumatisch gesteuerten Instrumente als Alleinstellungsmerkmal zugute kommt! Manual I und Pedal stehen chromatisch hintereinander, darüber ist quer das II.Man. aufgebänkt.
Windlade II. Manual
Die eleganten Messing-Impulsleitungen (Röhrenpneumatic) zeugen bis hin zum Spieltisch der auch in Abstromtechnik ausgeführt ist, von einer, den höchsten Ansprüchen arbeitenden Firma-auf höchstem Niveau technisch und klanglich nur Goldmedaille-prämierte Qualität abzulieferte! Die sonderbare Windanlage aus Magazinbalg mit 2 darunter liegenden Schöpfern und darüber liegenden Keilbalg ist ebenso erhalten. Darauf gehen wir noch gesondert ein.
Windanlage.
Es wird eine Freude sein wenn das Werk wieder erklingt....momentan ist es durch frühere Nässe Dreck und keiner Pflege- fast unspielbar.

Dienstag, 17. März 2020

Opus 199 in ALTEN bei Dessau aus 1898!

Im damaligen Vorort Alten heute Dessau-Alten wurde eine neue Dorfkirche erbaut, hier wurde wie immer ein neues Orgelwerk gefordert. Bestellt in Zörbig bei Rühlmann. Geliefert als opus 199 steht es vor der Fensterrosette der im neoromanischen Stil im Grundriss eines griechischen Kreuzes errichteten Kirche.
opus 199 Schauseite
Im inneren Besticht das Bauwerk durch reiche Ausmalung besonders im Altarraum.
Altarraum
Die Orgel wirkt erhaben, und ist in C und Cis Seite mit 2 Seitentürmen vor das Fenster gesetzt. Auf pneumatischen Kastenladen mit Zustromtechnik (Version2 ) steht hinter dem klingenden Prospekt, der leider immer noch in Zinkersatz erhalten ist, die Pfeifen der beiden Manuale. Die Windlade ist als "Zwillingslade" erbaut. Manual I wird vorn angesteuert und Manual II rückseitig. Die Vorrelais sind mit schallisolierenden Schutzleisten versehen, alle anderen Steuerungsorgane liegen im inneren der Kanzelle.
Vor-Relais mit Schallschutzleisten
Das Pedal steht chromatisch ebenerdig dahinter. Klanglich wieder interessant ist die Komposition an Registern und deren Aufbau. Die Gamba 8' fehlt in der gesamten Orgel. Hohlflöte und Doppelflöte 8' starten auf I, gefolgt von Lieblich Gedackt 8' einem zarten Dolce 8' und Salicional 8' welches kräftigt streicht.Wenn die Principale 8+4 auf I gezogen sind kommen Flauto amabile 4' und die scharfe Fugara 4' hinzu. Jetzt kommt der Auftritt der "Octavcoppel" der Oberoktavkoppel II-I. Die scharf streichende Fugara hat soviele Obertöne das man denkt man spielt schon mit einer Mixtur 3 fach! Eine extreme Klangerfahrung. jetzt kommt der immer bezaubernde Bordun 16' hinzu der dem Ganzem Fülle und Wärme gibt. Eine große HammondOrgel:-) dann endlich kommt die 3fache Mixtur - die so mild ist und auch so erbaut: 2 konische Gemshorn-Chöre und ein zylindrischer Principal 2' und das alles auf 82mm Wassersäule -Winddruck. 
Durchblick zur Orgel
Restauriert wurde das ganze Instrument von Christian Scheffler-Sieversdorf in den 1990ern. Mehr auf der Hausseite der Gemeinde:
 www.melanchthon-kirche.dessau.de

Montag, 16. März 2020

HECKLINGEN op.59 aus 1884

Hecklingen bei Staßfurt. In der ehemaligen Klosterkirche St.Georg und St.Pancratius - eine romanische Pfeilerbasilika mit eines der besterhaltensten Reliefplastiken der ausgehenden Romanik, dem Engelszyklus- überarbeitet und zusätzlich ausgemalt im neobyzantinischem Styl. vergl. Wartburg-Sängersaal; Neuschwanstein: Thronsaal und Sängersaal.
Aber dazu mehr auf:  www.basilika-hecklingen.de/
und https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Hecklingen
Hecklingen opus 59

Nun zur Orgel, einem Werk der Orgelbau-Anstalt von Wilhelm Rühlmann aus dem Jahr 1884. Vor dem Rosettenfenster auf der ehemaligen Fürstenloge kommt das nur zweimanualige Instrument zu stehen. Von dort hat es den gewaltigen Kirchenraum der Basilika zu füllen. Der offene in C und Cis-Seite geteilte Prospekt fast schon katholisch wirkend, begünstigt mit dem Gewölbe darüber eine perfekte Klangabstrahlung. Ausgeliefert als opus 59 im Jahr 1884. Zu der Zeit war Rühlmann mit seinen wackeren Orgelbauern gerade in sein neu erbautes Anstaltsgebäude vor den Toren der Stadt Zörbigs umgezogen. Auf noch klassisch mechanischen Schleifladen und Tonkanzellen findet man ein kraftvoll aber ohne Aliquoten besetztes II. Manual welches auf füllende Grundstimmen ausgelegt ist. Dazu auf I. der klassische Principalchor 8'-4- 2.2/3'-2' und die hier noch strahlende Mixtur 4fach in 2'. Dazu ein grundtönig raumfüllender Bordun 16' und warme Flöten unterschiedlichster Couleur Hohlflöte 8' Rohrflöte 4' Flauto traverso 8' (II) Flauto amabile 4' (II) ergänzt durch Gedackte in 8'. Dazu gesellen sich die obertonlastige Viola di Gamba 8' (I) und auf II der kräftige Salicional 8' und das elegante Gemshorn 4' hinzu. Die  wiederergänzte Trompete 8' gibt einen kräftig schmetternden Glanz der mit der bollernden Posaune 16' im Pedal das volle Werk im Gesamtklang abrundet und den Raum flutet durch Kraft und Erhabenheit der mittleren Schaffensperiode der Orgelbau-Anstalt.
Registerstaffelei I.Man. Sperrventile
Im ersten Manual ist die komplette klassische Register-Batterie vertreten. Ein noch hochromantisches Instrument auf der Vorstufe zur Spätromantik.
Spielschrank in Concertstimmung
Wo man sich 3 Manuale wünscht trägt das Instrument und der Raum der Basilika dazu bei das auch die kleinere II manualige mit 22 Registern ausgestattete Orgel alles kann und keine Wünsche übrig lässt. Sperrventile für alle Werke sind zusätzlich vorhanden und lassen ggf schnelles umregistrieren auf das Volle Werk oder anderes herum zu. Ein in Kiefernholz angelegtes Gehäuse mit den aufgesetzten Kreuzen auf den beiden Dreiecksgiebeln wirkt erhaben, der Kirche angemessen und spiegelt die Würde des historischen Raumes zurückhaltend wieder.
Spielschrank frontal

Montag, 9. März 2020

BAASDORF opus 183 aus 1896

Baasdorf, unweit von Köthen. Die Kirche die fast am einstürzen war - ist gerettet und komplett instandgesetzt durch die sehr engagierten Gemeindemitglieder - die genau so verrückt sind wie ich. Einzig und allein die Orgel fehlt. Das soll nun folgen. Natürlich ein Werk der Orgelbauanstalt-Rühlmann in Zörbig.
Baasdorf Gehäuse in Eichenholz
Die damalige neu gebaute Kirche bestellte natürlich im nahegelegenen Zörbig ein neues Instrument samt neuem Neo-gotischen Gehäuse. Sicher ist der Entwurf dazu beim Architekten des Gebäudes mit bestellt wurden, ausgeführt wurde es aus schwerem Eichenholz in der Gehäusebau-Abteilung der Orgelbau-Anstalt. Beeindruckend ist es, seine Aufbauten erinnern an die Instrumente der Thomaskirche und Petrikirche in Leipzig. Auf 2 Manualen presentieren sich 14 Register. Diese stehen auf dem damals modernsten was es gab -  pneumatischen Kastenladen.
Rühlmann Pneumatik Version II. Messingrohre und Zustromtechnologie. Man erkennt deutlich das Vorrelais
Massive Windladen, Balganlage und etliches an originalen Pfeifen aus Zörbig ist vorhanden. Einem Umbau blieb dem wertvollem Instrument erspart. Jedoch wurde es Anfang der 1980er zerstört durch eine Jugend die heute versucht alles Anders zu gestalten. Der Spieltisch und sein Innenleben, dem Herzstück der pneumatischen Steuerung, ist zerstört -  - Impulsleitungen sind herausgerissen.
mutwillig zerstörter Spieltisch, aber nicht rettungslos verloren!
Nässeschäden aus vergangenen Zeiten der Nachlässigkeit sorgen für ein zusätzlich desolates Bild. Aber der Traum der Gemeindekirchenräte bleibt: das endlich die Orgel wieder klingt zur Freude der Menschen, Besucher, der eigenen Gemeinde und zur Ehre des Herrn. Das ist nicht weithergeholt, größtenteils ist das Instrument erhalten, und lässt sich bequem restaurieren.
In den kommenden Jahren wird es soweit sein! Die Orgel würde wenn man sie heute neu erbauen würde etwa 400.000,- EUR kosten.

Sonntag, 8. März 2020

die erste eingesetzte Pneumatik OP.85 in MITTELEDLAU

Zörbig.1887. 4 Jahre nach Einzug in die neuen Anstaltsgebäude. Es war soweit: endlich die Erste Orgel mit der damals unbekannten pneumatischen Traktur. Zumindest ein Teilwerk- das Pedal wurde pneumatisch also über Druckluft-Impulse gesteuert. Die restliche Anlage ist noch mit Tonkanzellen und mechanischer Traktur versehen.  
Mitteledlau opus 85

op.86 Querfurt/Schloßkirche II/14; op.87 Bernburg II/26 St.Martin(verändert und auf III erweitert von Rühlmann); op.88 Köthen Lehrerseminar II/17; op.89 Schkeuditz Stadtschule I/7 -  sind nicht erhalten. opus 90  in Stumsdorf ist spielbar erhalten. Sylda op.93 ist umgebaut, op.94 Thurau-das Gebäude ist Baupolizeilich gesperrt, Op.95 Büschdorf bei Halle und op.96 Neugattersleben bei Staßfurt zeugen von großer Kenntnis der Pneumatik und den damaligen Kastenladen., ein System erfunden von Ernst Röver  - Hausneindorf. Rühlmann baute es wohl in etwas verbesserter Version als  Patentlizenz...das ist aber unklar. Zumindest funktionieren auch kaum gespielte Instrumente noch, wenn auch eingeschränkt.
Spielschrank noch in mechanischer Bauweise.
Die nachfolgend erbauten Werke:
In MITTELEDLAU bei Könnern ist zumindest das Pedal so eingerichtet. Die Kirche ist seit 30 Jahren nicht mehr in Benutzung aber sicher gegen Regen und Feuchtigkeit. Das Werk von Rühlmann funktioniert aber immer noch, man konnte darauf spielen, tolle kraftvolle Klänge kamen heraus. Ein oft verwendetes neoromanisches Gehäuse seit 1917 ohne Prospektpfeifen, rahmt das Ganze.
Pedal mit pneumatischen Relais

Pedalkanzelle mit frühen Pneumatikrohren. Kastenlade in Abstromprinzip.
Mit dieser vergessenen Orgel beginnt 1887 der Übergang in eine neue Zeit -  der pneumatic-Orgel. Welch starken Optimismus muß Wilhelm Rühlmann in sich getragen haben, als das Alles in Kinderschuhen steckte, andere noch gar nicht daran dachten, Andere es schon anwendeten und nicht beherrschten - er und seine Firma war Vorreiter auf diesem Gebiet - etwas perfektes abzuliefern. Die Orgel in Mitteledlau vermittelt den Übergang von mechanischer Schleiflade zum pneumatischen Zeitalter- in einer Zeit als andere nachwievor die mechanische Schleiflade bauten. Der Vorreiter der Technik! Rühlmann-Zörbig!

Freitag, 6. März 2020

LÖDERBURG opus 137 aus 1893

In der Nähe von Staßfurt steht unverändert und komplett spielbar Rühlmanns opus 137 aus dem Jahr 1893.
Löderburg, Orgelgehäuse
In die neue Kirche musste auch ein neues Instrument - somit bestellte man bei Rühlmann-Zörbig damals das neueste was es gab. Spätromantische Stimmen auf der neuartigen pneumatischen Kastenlade. eine Kopie in abgeänderter Form der von Röver (Hausneindorf) sicher gegen Lizenzvertrag wurde das neue System verbessert und verwendet. Zu dieser Windladenbauform und Steuertechnik folgt noch ein eigener Bericht...
Rühlmann´s unübertroffene Pneumatik Version I.   hier in Abstromtechnik mit eleganten Messingrohren.Ø 9mm
Soviel dazu: eines der präzisesten Windladen für Tonansprache und Repition. In Löderburg sind leider nur Labialstimmen verbaut, aber diese füllen den Raum mit ihrer imposanten Schönheit. Das Instrument ist original erhalten und komplett spielbar - sucht daher Organisten die einmal ein Concert auf ihr geben.
Spieltisch
Die schönen abgerundeten Stimmen des Werkes lassen von Reubke bis Reger alles zu, und verschmelzen dank der Kasten oder Unit-Lade zu einem großen rundem Ganzen.

Donnerstag, 5. März 2020

WERBEN bei Zörbig opus 25 aus 1878

Hier in der damals neuerbauten Dorfkirche in Werben in der Nähe des Petersberges bei Halle/Zörbig steht Rühlmanns 25tes Werk aus dem Jahr 1878.
Auf II Manualen mit mechanischen Schleifladen stehen noch nach historischen Vorbildern 13 Register. Diese sind aber schon ganz im Stil der Romantik angepasst. Getreu des Vaters und Firmengründers Friedrich W. Rühlmann immer auch bei weniger Stimmenzahl mindestens zwei Pedalregister. Sohn Wilhelm , jetziger Firmeninhaber der kleinen und bescheidenen Hinterhofwerkstatt in der Innenstadt Zörbig's  (Leipzigerstraße) mit ganz wenigen Mitarbeitern- wußte schon damals: zwei Manuale - auch bei wenigen Registern  - das muß sein, sonst bleibt auch dem bescheidensten Organisten eine Vielzahl an Orgelliteratur und auch Kreativität verschlossen. Ein Manual schränkt sehr ein. Die Disposition ist ganz nach dem Vorbild seiner Meisterschule Ladegast behaftet: Principalchor in 8'-4'-2'-Mixtur 3fach. Auf dem II.Manual die Stimmen des Echowerkes, Zartheit und Schönheit der Soloregister kommen hier zur Geltung. Noch ganz anders als bei späteren Orgelwerken, hier wurde das II. Manual wieder zu einem Gegenspieler des Hauptwerkes.
Aber das lag in ferner Zukunft, hier mechanisch, noch dem klassischen Orgelbau folgend, das frühe Opus 25. Gravität der Grundstimmen und die Strahlkraft der Aliquotstimmen bestimmen das klangliche Bild. Das Gehäuse ist in Bierlack-Lackierung ausgeführt, Flache Felder und ein hervorragender Mittelturm beherrschen das Bild. Orgelbauer Thilo Lützkendorf / Halle sah die Orgel noch vor der politischen Wende 1989 in aufwendiger Arbeit durch.
Mechanische Tonkanzelle, elegante Spielweise, spitzengelagerte Wellen für klapperfreie Spielart kennzeichnen diese frühe Epoche des jungen Meisters, der in Zukunft eher Firmenchef  Direktor und  Inhaber aber auch Ideengeber war und sich auf seine getreuen Mitarbeiter stützen konnte. Im Frühjahr bis Herbst ist die Kirche in Werben für Besuche verlässlich geöffnet und besuchbar.