Mittwoch, 29. November 2017

restauriert : Op.201 in Zwochau.

Die Rühlmann-Orgel in Zwochau, opus 201
neuer Glanz  -  das Generalüberholte Werk.

Der Grundstein zum Neubau der Rühlmann-Orgel in Zwochau wurde mit dem einstimmigen Beschluss des Gemeindekirchenrats am 26. September 1896 gelegt. Im Dezember 1896 unterbreitete Wilhelm Rühlmann senior den Kostenvoranschlag, der zusammen mit seiner Originalzeichnung erhalten ist. Dieser wurde vom damaligen Delitzscher Musikdirektor Reinhold Kropf befürwortet. Am 21. Dezember 1896 wurde der Neubau einer Orgel durch den Zörbiger Orgelbaumeister Wilhelm Rühlmann senior vom Gemeindekirchenrat einstimmig beschlossen.
Nach einigen Verhandlungen und der Ergänzung der vorgeschlagenen Orgeldisposion um ein weiteres Register wurde am 15. Februar 1898 der Vertrag mit dem Zörbiger Orgelbaumeister Wilhelm Rühlmann senior geschlossen.
Die Intonation der Orgel ist von den Orgelbauern Fritz Fleischer und einem Neffen von Wilhelm Rühlmann ausgeführt worden (Richard Rühlmann, Sohn von Theodor ). Die neue Orgel wurde am 25. Mai 1898 fertiggestellt und am Pfingstsonntag – dem 30. Mai 1898 – eingeweiht.
Die Prospektpfeifen aus Zinn mussten 1917 für Kriegszwecke abgegeben werden. Am 15. Januar 1928 nahm der damalige Zwochauer Pfarrer Dr. Pallas wegen einer Wiederherstellung der Prospektpfeifen mit der Orgelbauanstalt Rühlmann in Zörbig – nun unter der Leitung von Wilhelm Rühlmann junior – Kontakt auf. Die neuen Prospektpfeifen aus Zink mit einem Überzug aus Aluminiumbronze wurden aller Wahrscheinlichkeit im Juli 1928 eingebaut.
der alte Zinkprospekt, Gehäuseelemente fehlen.
Sie entsprachen jedoch nicht den Originalen. So waren einige der neu eingebauten Prospektpfeifen zu kurz und andere zu lang. Alle Prospektpfeifen wurden im
Rahmen der Instandsetzung 2014 aus Zinn rekonstruiert. Der in der ersten Etage des Kirchturmes befindliche Doppelmagazinbalg aus der Zörbiger Orgelbauanstalt und der ursprüngliche Schöpferbalg sind erhalten.
Die Originalfassung des Orgelgehäuses hatte ein holzsichtiges Erscheinungsbild in Mittelrotbraun mit kobaltfarbenen Verzierungen und Vergoldungen; eine weitere rote Verzierung wird vermutet. Das Orgelgehäuse wurde 1936 im Zuge der Kircheninstandsetzung insgesamt mit einen grau marmorierten Farb- und Firnisanstrich versehen. Die Neoromanik fand beim Entwurf des Orgelgehäuses Anklang. Die auf den oberen Abschlussdachformen in der Originalzeichnung ersichtlichen spitzenartigen Elemente konnten rekonstruiert werden. An der Rückseite der Gehäusefront findet sich ein handschriftlicher Vermerk: „G.K. 1894”. Zu vermuten ist, dass das Gehäuse bereits 1894 gefertigt wurde, aber ursprünglich nicht für die Zwochauer Kirche bestimmt war. Bei der Generalinstandsetzung 2014 einigte man sich auf eine Farbfassung für das Orgelgehäuse, die sich an der barocken Originalfassung der Emporenbrüstung orientiert und eine Entsprechung in der barocken Kirchendecke findet.
Die Werke der pneumatischen Orgel mit Kastenladensystem stehen auf drei Ebenen. Die Orgel besitzt 15 Register auf zwei Manualen, drei Koppeln sowie drei festen Kombinationen.
Spielitsch noch in der Originalfassung - holzsichtig.
Das denkmalgeschützte Instrument ist mit Ausnahme der Prospektpfeifen ohne Veränderungen in Anlage und Disposition im Original erhalten geblieben. Es besticht noch heute durch seine solide Verarbeitung, die ausgereifte technische Konzeption und sein gut ausgewogenes und dennoch differenziertes Klangbild. Gerade dies wird von vielen Organisten an der Zwochauer Rühlmann-Orgel geschätzt. So sagte Michael Schönheit am 4. Oktober 2014 nach einem Konzert an ihr: „Man kann Sie nur beglückwünschen zu diesem hübschen Instrument, dieser eleganten Orgel. … Rühlmann ist schon ein hervorragender Orgelbauer gewesen, der mit großer Qualität viele kleine Orgeln für Dorfkirchen gebaut hat. Sie sind in der glücklichen Lage, ein solches Instrument zu haben. … Ich glaube, Sie haben hier ein ganz besonders schönes Kleinod in Ihrer schönen Kirche. Es hat mir sehr viel Freude gemacht, hier bei Ihnen zu musizieren.“   Text- NICO GRONAU; Organist der Kirche Zwochau. Bilder : Christian Schmidt, Pressel

Montag, 20. November 2017

Es geht: Hochkarätige Konzerttätigkeit und viele Besucher-auch auf dem Dorf !!

Rege Konzerttätigkeit nachdem die kleine aber klanglich so herrausragende Orgel in Pressel restauriert ist. Und das durchgreifend.
Orgelbaumeister Benjamin Welde - Zittau
Technisch durch den Orgelbaumeister Benjamin Welde aus Zittau in allen Details überholt und klanglich, nachdem alle Pfeifen gereinigt und repariert sind, wurde ganz behutsam unter Hinzuziehung mehrerer Vergleichsinstrumente (einige Punkte waren: Hauptwerksprincipal 8' noch original erhalten und unrestauriert, Streicher, Flöten, Gedackte und Winddruck) die Nachintonation vorgenommen durch den rennomierten Intonateur Marcus Stahl aus Dresden.
Marcus Stahl - Dresden. bei der einfühlsamen Nachintonation
Die Größe der Vergleichsinstrumente lag ebenfalls um II Manuale 5-18 Register aus den Jahren 1909-1913. Von Anfang an war uns Beteiligten die Originalität der Klangfarben bewusst.
Bei den historischen Stimmen nichts verändert- lediglich behutsam und ausgleichend nachintoniert, ggf die Ansprache etwas reguliert. Klanglich verändert wurde hier nichts und schon gar nicht die Schärfe der Streicher und die Kraft der Principalregister genommen.  Besonders der neue in Zinn polierte Principal 8' in der Schauseite der Orgel stehend, wurde sehr einfühlsam neu intoniert. Dabei wurde extrem viel Wert auf seine ausgewogene Art und das gute Verhältnis zu den anderen Principalregistern gelegt. Das Hauptaugenmerk der Principal-Neuintonation wurde in erster Linie nach den vorgefundenen Anschlußpfeifen auf der Windlade-, der Oktave 4' die leicht dezenter ist, der 4 fachen Mixtur (5.1/3`) und seinem Gegenspieler dem Geigenprincipal 8' im 2.ten Manual angepasst. Viel Wind, große Fußlöcher in den Pfeifen, offene Kernspalten und keine gequälte Ansprache zeichnen generell alle Pfeifen von Rühlmann aus der Zeit aus, so auch den neuen Principal 8'. Intonateur Georg Eule der damals 1910 intoniert hat- sei dank und heute Marcus Stahl und Benjamin Welde!!! Mittlerweile sind ein paar Jahre vergangen, und einige namhafte Gäste konnten wir mittlerweile in Pressel begrüßen. Angefangen beim ersten Konzert nach der Restaurierung ausgestaltet durch Peter-Michael Seifried aus Berlin, OSV, KMD und Kreiskirchenmusiker im Bereich Zossen-Fläming.
Peter Michael Seifried beim Eröffnungskonzert im Sommer 2014
Von diesem herausragenden Konzert wird manchmal heute noch gesprochen. Gefolgt von Leonhard Sanderman aus Harrogate/Großbritannien der mit seinen "British Pomp und französischem Glitter" atemberaubende Dinge aus dem Instrument holte.
Leonard Sanderman am Spieltisch: Rühlmann -Op.321-1910

Leonhard Sanderman in Pressel
Hinzu kommt die Eröffnung des Musikfestes der Dübener Heide mit 6 Organisten die gleichzeitig in einem Konzert tätig waren, wo wir als Gemeinde von den Organisatoren gefragt wurden sind, ob das möglich wäre bei der frisch restaurierten Orgel - 
Norbert Britze- Bad Düben während des Konzerts bei voller Kirche
Klar. 110% Besucherauslastung und 28° in der Kirche. so machts Spass.
Kantorin Jacqueline Bräuer aus Kemberg an der Rühlann-Orgel
alle Beteiligten der Eröffnung des Musikfestes der dübener Heide

Organistin Katrin Hille: Orgel und Blockflöte
Organist Dr. Thomas Kunath -Burgchemnitz mit seinem Partner am Englischhorn
Dann das nächste Highlight auf dem kleinen Dorf. Konzertorganist  Thorsten Andreas Pech aus Wuppertal und Solotrompeter Prof. Uwe Komischke gastierten bei uns.

Uwe Komischke Thorsten Pech und der Hausorganist kurz vor dem beeindruckenden Konzert

Uwe Komischke und Thorsten Andreas Pech in Pressel.
Orgel und Trompete resp. Horn (Corno di caccia) einfach eine beeindruckende Mischung und tolle Darbietung.

Uwe Komischke und Thorsten Pech während des Concerts
Konzertbesucher reisten an aus dem 38km entfernten Leipzig oder Torgau und Dessau und Wittenberg. Sogar eine Rühlmann-Ur-Enkeltochter begrüßen wir hier öfters.
Eintrag im Gästebuch: Urenkeltochter von Familie Rühlmann.
Herrlich. Danke an Alle, besonders die Besucher Gäste Ausführende und die Leute im Hintergrund. Nicht zu vergessen sind meine eigenen kleinen Privatconcerte für Firmen und Familienfeiern, Geburtstage oder sonstige Anlässe. Eine Mischung aus Klassik, Pop, Filmmusik-Orgel einmal anders gehört - ein Universalinstrument.
Firmenschild Opus 321 von Orgelbauanstalt Rühlmann aus dem Jahr 1910.

Freitag, 17. November 2017

Aktualisiert: Blönsdorf Opus 352 von 1912

Blönsdorf bei Jüterbog. Die kleine 1912 neuerbaute Dorfkirche in Blönsdorf erhielt mit der Umgestaltung auch ein neues spätromantisches Orgelwerk der Firma Rühlmann aus Zörbig.
Gesamtansicht Op.352 aus 1912
Das Prospekt stammt aus dem Hause Rühlmann und ist klingend , jetzt mit Zinkpfeifen nach 1917 ausgerüstet.
Ansicht von unten 
Der Kalkant hat seinen eigenen Eingang ins Instrument, der Magazinbalg ist im Untergehäuse angebracht.
Eingangstür zum Kalkantenraum
Wenn man vor dem Prospekt steht hat dieses schon eine imposante Wirkung , die Breite, die Höhe, die Formensprache - und die Bemahlung. 12 Register mit der Intonation des damaligen Chefintonateurs Georg Eule / Bautzen der es so gut es ging versuchte, dem trockenem hölzernen Raum, der allen Nachhall schluckt, anzupassen. Flöten und Gedackte toll, Streicher kalt und kraftvoll im Klang, ein kraftvoller Principal 8' und eine tolle Oktave 4' die durch nur eine Rauschquinte 2 fach als Klangkrone ergänzt werden, addiert sich im 2ten Manual ein etwas edlerer Geigenprincipal 8' . Das Instrument ist spielbar gemacht wurden, leider seit einigen Jahren ungepflegt und mäßig verstimmt in den gedackten Stimmen, anscheinend weiß man hier noch nicht , was hier tolles im Ort steht... eine tolle "Spätromantische Orgel".
klassischer 2-manualiger Spieltisch mit Kollektivdrückern
Die Kirche ist jeden Tag offen und ein Besuch lohnt sich. auch wegen der Orgel.
Christian Schmidt (Rühlmannforschung) bei einem Orgel-Besuch in Blönsdorf

Die Rühlmann Orgel der alten Garnisionskirche Halle heute in Kitzen.

Opus 236 aus dem Jahr 1902 wurde für die Garnisonskirche in Halle/ Saale erbaut. Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Instrument von Rühlmann in das Dorf Kitzen bei Lützen umgesetzt wo es heute noch seinen Dienst versieht.  Der Prospekt ist aus 1902 und präsentiert sich -damals modern: Pfeifen mit Überlänge, ein reliefartiges Holzband fässt alles oben zusammen.  vgl.Angelsächsischer Orgelbau um diese Zeit-> Ähnlichkeiten.
Gesamtansicht Op.236
 Der zweimanualige Spieltisch ist seitlich links angebracht.
seitlicher Spieltisch mit separaten Registerzug "Aeoline 8' "
Ein großer Magazinbalg findet im Untergehäuse der Orgel seinen Platz, was Wartungseinsätze an den Unterseiten der Windladen erschwert, aber man kommt an alles noch heran.
Magazinbalg im inneren der Orgel
Bei der Umsetzung wurde auch im Stil der anderen Registerschalter ein separater Zug für eine Aeoline 8' zum II.Manual hinzugefügt.
Dies stammt eindeutig von Rühlmann, Machart und Anlage zeigen die selben Merkmale, die Schriftart ist neu und in Frakturbuchstaben ausgeführt, die um 1928-1933 verwendet wurde. Ähnliche Ergänzugen wurden in Halle-Giebichenstein Op.257 -1904 und Halle-Ullrichskirche Op.270 - 1905 vorgenommen. Da die Orgel seitlich im kreuzartigen Kirchenraum steht, hat es die Intonation schwer in verschiedenen Positionen im Raum gleich zu klingen. Klanglich sehr ausgewogene Registerzusammenstellung und Intonation der Erbauerfirma um 1904, Milde Flöten, Prinzipale die kraftvoll aber zurückhaltend sind, prägnante Streicher schon mit deutlich scharfen Strich. Ein fesselnder Gesamtklang der einen deutlich sagt: "hier stehe ich und verstecke mich nicht!" Kraftvoll - rund und schön.

Mittwoch, 15. November 2017

Beesenlaublingen Op.154 aus 1894

Im frisch generalüberholten Zustand präsentiert die sich die im Originalzustand erhaltene Orgel von Beesenlaublingen, einem Dorf nahe der Stadt Alsleben /Sachsen-Anhalt.


Beesenlaubingen Opus 154
Spieltisch und Lederbezogene Orgelbank


Orgelbauer Schild aus Halle war hier federführend am Werk.
Die pneumatischen Kastenladen bestechen in einer tadellos präcisen Tonanprache.
Detail: Firmenschild mit Opus-Nummer. Photo by P-M.Seifried, Berlin
Die hochromantischen Stimmen beider Manuale, wobei wie immer bei Rühlmann das II.Manual nie ein Begleit oder Nebenwerk, sondern immer als ein passender Gegenspieler zum Hauptwerk konzipiert ist, bestechen durch ausgesprochene Wärme und Fülle, die Mixtur zeichnet. Sonor donnernd setzt die Posaune im Vollen Werk noch einen obendrauf. Klassischer Neoromanischer Nadelholzprospekt, leicht farblich gefasst. Lediglich die 1917 abgelieferten Prospektpfeifen wurden nicht wieder in Zinn ersetzt, sondern nur der Zinkersatz neu bronciert. Dies ist wie überall auch ein erhöhter Kostenfaktor. Die Opus-Nummer weicht, wie in einigen Fällen, von den veröffentlichten Aufzeichnungen ab.