Montag, 17. Februar 2020

NEUGATTERSLEBEN op.96 - 1889 eines der ersten Instrumente mit Pneumatik

In Neugattersleben bei Staßfurt steht opus 96 aus dem Jahr 1889. Es ist eines der ersten Instrumente in dem das neue System der Pneumatik eingesetzt wurde.
Neugattersleben opus 96
Der Ort und die Adelsfamilie "von Alvensleben" baute 1888 eine neue Kirche, hier war vor und nach der Erbauung Kaiser Wilhelm II. öfter zur Jagd zugegen und wachte auch über die Taufe einer Tochter der Adelsfamilie. Die im neuen Stil erbaute Orgel erregte im Umkreis durch ihren symphonisch markig prägnanten Klang weites Aufsehen. Jedem, vom Besucher bis zum General wurde das neue Instrument vorgestellt.
Spieltisch
Das war etwas neues, schönes und damals fast unhörbares: Voix céleste; Oboe8' durchschlagend, kraftvolle Streicher Gamba8'Salicional 8'+4' tolle Principale und überblasende fast französische Flöten! Dazu im vollen Werk ein Bassfundament und die Grundstimmen 8' addiert die Trompete8' und die donnernde Posaune 16' ! Fast schon unerhört für schwache Gemüter. Für die gibt es ganz sanft abgestufte neue Klangfarben und das in einem Schwellkasten der mittels eines Löffeltrittes bedient wird -  Cavaille Coll-Paris lässt herzlich grüßen! (Rühlmanns Frankreichreise 1880 Maitre Cavaille-Coll zeigte Wilhelm Rühlmann persönlich die Orgel des Trocedéro-Saals)
Löffeltritt als Schwelltritt zum II.Manual
Und dann diese neue Technik - Pneumatik  - Pfeifen auf Kastenladen, promte Ansprache, leichte Spielweise, und geräuschlos arbeitende Technik- sowas gab es noch nicht im Anhaltinischem Großraum...."Bemerkenswert dieser Rühlmann" Opus 96 stellt eines der ersten Orgeln dar, wo das neue System erfolgreich und funktionstüchtig eingesetzt wurde. Andere Orgelbauer hatten hier bis nach 1900 ihre Schwierigkeiten, Rühlmann, der Techniker und Zukunftsweisende Orgelbauer hatte alle Lösungen und besticht zusätzlich mit elegant verlegten pneumatik-Impulsleitungen in Messing mit gesteckten Winkeln. So etwas sieht sehr edel aus. Alle Orgeln wirken dadurch im Inneren sehr herrschaftlich und erhaben - ungesehen in dieser Zeit - und vor Allem - es funktioniert tadellos! Die Pfeifen stehen auf Kastenladen - man muß neidlos anerkennen das Diese präziser ansprechen und reagieren als die später gebaute Registerkanzelle!Vor allem -bei Wilhelm Rühlmann funktioniert die Pneumatik tadellos ohne zu schleppen!
frühe Pneumatik mit Messingrohren. Hier op.218 die größte Dorforgel - op.218 III-30
Auf das edle Gehäuse und die Aufmachung muß man nicht weiter eingehen....Spielfreude pur, Repition stellt fast die Mechanik in den Schatten. Die Orgel braucht einige Hilfe-  die heißen Sommer und mangelnde Pflege haben Ihr zugesetzt...Aber komplett spielbar genießt man die tollen Klänge.
Detail des Gehäuses in Neugattersleben.
Was für eine Orgelbaufirma war das damals.... Man zählte sie zu den ersten 4 im deutschen Reich. Vorsprung durch Technik, Überlegenheit durch die Ausgewogenheit der Manuale untereinander und im Klang der Einzelstimmen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen