Donnerstag, 3. Dezember 2020

SELBITZ op.414 aus 1926 (bei Kemberg)

 Südlich von Wittenberg liegt etwas abseits der kleine Ort Selbitz. Hier wurde 1925 die baufällige Barockkirche durch einen gleichgroßen Neubau mit historischen Ausstattungsstücken aus dem Vorgängerbau versehen. Die alte Orgel wurde dabei nicht berücksichtigt. Hier musste etwas kleines aber Neues her. Man bat Wilhelm Rühlmann im nahen Zörbig ein entsprechendes Werk zu konzipieren. In der Nachkriegszeit sicher ein schweres Unterfangen, wenig Geldmittel und wenige Fachleute waren vorhanden. Es wurde ein neobarockes Gehäuse entworfen mit Anlehnungen an die zwanziger Jahre.   


 

 Zwei hohe Seitentürme flankieren ein breites Mittelfeld in dem einige Pfeifen des Principal 8' stehen. Alles in Zinkausführung der Notzeit geschuldet. Dabei wurde in der Orgelbauanstalt Rühlmann trotzdem immer auf peinlich genaue Verarbeitung geachtet. 

Spieltisch: man beachte das f'

Davon zeugen Windladen Pfeifen und Spieltisch und die technische Anlage. Am Spieltisch ist der größere Tastaturumfang C-g''' und Pedal C-f' vorhanden, bemerkenswert ist, das die Taste f' des Pedals noch ausserhalb des Chassis angebracht wurde. Vermuten lässt hier , das nur C-d' projektiert wurde und in letzter Minute der Umfang vergrößert werden musste. 

Blick in den inneren Aufbau

Die Registerstaffelei verrät: Hauptwerk: voluminöse Hohlflöte8' Principal8' Octave4' Rauschquinte 2 fach, hier wurde auch gespart...gedeckte Quinte und offene Oktave 2'  mit Zinkpfeifen. Auf dem IIten Manual kommt eine absolut zarte Aeoline8' ein markiges Lieblich Gedackt8' und eine starke Flûte harmonique 4' zum Einsatz. Im Pedal nur Subbass16'. Die Oberoktav und Unteroktavkoppel II-I bringen noch mehr Volumen in das kleine Werk, ohne aufdringlich zu wirken. Die kleine Orgel ist momentan etwas eingeschränkt spielbar zeugt aber von ihrer Erbauerfirma. Nix überspitztes, keine schrillen Aliqouten. Aber in Ihrer Intonation schon nicht mehr der alten Zeit behaftet....Instrumente die in Zukunft gebaut wurden wurden durch neuere barockere Register und Klangfarben ergänzt. Aber immer behutsam ohne es zu übertreiben.

Selbitz opus 414


Freitag, 27. November 2020

TIEFENSEE op.382 aus 1915

 Inmitten des ersten Weltkrieges wurde in Tiefensee bei Bad Düben das opus 382 aufgestellt. Auf II Manualen befinden sich 11 Register. Das Gehäuse wurde zeitgleich mit erbaut, dem Kirchenraum angepasst und in einfachen geraden Formen edel ergänzt durch Formelemente, Schleierbretter und Farbgebung, dem Barock angelehnt.

Tiefensee Neobarockgehäuse aus 1915

Auf dem oberen Gesims wird das Gehäuse noch durch ein geschnitztes Schleierbrett bekrönt.  Hinter dem Zinkprospektpfeifen die aus der Erbauungszeit stammen, die obere Arkadenreihe ist stumm angelegt, stehen zuerst die Gamba8' und das Lieblich Gedackt 8' des II. Manuals. Dahinter das Manual I. Principal8' Hohlflöte8' Octave4' und Rauschquinte 2 2/3'&2'. Alle Pfeifen stehen auf einer Zwillingslade - Manual I und II befinden sich auf einer kompakten Lade die von unten getrennt pneumatisch angesteuert wird. Ein Gangbrett trennt die Windladen von Manual und Pedal. Diese steht auch in der "ersten" Etage.  Darauf der Subbass16'. Die Windladen sind die klassischen Registerkanzellen von Rühlmann. 

Spieltisch original erhalten

Eine Suboktavkoppel II-I bringt Würde und Kraft in das kleine Werk. Der Magazinbalg  und Fußantrieb befinden sich im Untergehäuse des Instrumentes. Der Bälgetreter hat einen separaten Zugang seitlich an der Orgel. 

unten Bälgetreterkammer und oben Pfeifenwerk alles in einem Gehäuse

Der erzeugte Wind wird über einen Zieharmonikabalg in den darüberliegenden Windkanal geleitet. Momentan ist das Werk nich spielbar, wurde von Wasserschäden heimgesucht und einige Pfeifen fehlen schon. 

Zieharmonikabalg und sichergestellte Pfeifen

Man ist aber bestrebt auch diese Orgel bald wieder restauriert in Betrieb zu nehmen -  eine Bereicherung für die nordsächsische Orgellandschaft welche von vielen defekten Instrumenten zehrt....aber auch eine größere Anzahl sind auf höchsten Niveau mittlerweile vorbildlich restauriert in den letzten Jahren.

Sonntag, 22. November 2020

ZÖRBIG op.432 aus 1928! Rühlmann Jr.´s Vorführorgel

In der Heimatstadt der Orgelbauanstalt Rühlmann konnte endlich im Jahr 1928 auch ein Werk der ortsansässigen Firma istalliert werden. Das historische Gehäuse aus der Frühromantik wurde hierbei übenommen und seitlich erweitert um ein viel größer dimensioniertes Instrument unterzubringen. Es sollte jetzt III Manuale und 40 Register aufnehmen. Davon ein riesiges Schwellwerk im oberen Teil der Orgel.
Orgelprospekt in Zörbig
Das Werk steht auf I, II und Pedal auf Rühlmannschen Registerkanzellen (Kegelladen) und das IIIte Man auf Taschenladen. Der Spieltisch ist im Stil der Großorgeln wie der der Lutherkirche in Erfurt 1928 (umgebaut erhalten) , Gnadenkirche Berlin 1927(abgebrannt 1945) und Eisleben Peter & Paul 1929(nicht erhalten) , angelegt.
Spieltisch für Berlin Gnadenkirche op.419-1927
Spieltisch Erfurt Lutherkirche op.425 - 1928
Auch hier zeichnet sich die bequeme Handhabung beim spielen aus, trotz der vielen Schalter. Übersichtlich angelegt und einfach zu spielen. Was schon mal viel Freude verbreitet. Die Werkaufteilung ist hier ganz klar und für Kundenbesuche konzipiert: Manual I: Hauptwerk mit den >Kernstimmen< der Orgel. Auf Manual II trifft man auf eine Art englisches "Choir" mit kräftigen Geigenprincipal8' absolut traumhafter Doppelflöte8' und Flauto traverso8'. Dazu gesellt sich Prinzipal und Nachthorn 4' und als Einzelaliquoten Gemshornquinte 2 2/3' und Blockflöte 2'. Das III.Manual ist ein großes spätromantisches Schwellwerk dazu ein perliger Flautino 2' und eine Sesquaialtera 2 2/3' 2'- welche bei früheren Orgeln die "Harmonia aetherea 3fach" bildete. Eine kräftige aufschlagende Oboe8' gibt enorm Farbe über das ganze III.Manualwerk. Durch die vielen Unter- und Oberoktavkoppeln die auch durch die Manuale auf das I. Man. wirken ergeben sich hier traumhafte Klangmöglichkeiten schier unbegrenzter Möglichkeiten. Wir haben hier Superoktav: III, III-II, II-I (wirken auch alle aufs Pedal) Suboktav:III-II durch II-I auch auf I. Herrlich. Ein riesiger Koppelapparat macht es im inneren der Orgel möglich. Und natürlich auch eine kraftvolle Windmaschine die den extrem erhöhten Windverbrauch realisieren muß. Das volle Werk klingt imposant und enorm kraftvoll und aliquotbetont.
Spieltisch in Zörbig.
Eine Orgel der nichts fehlt und auf der Barockmusik, Mendelssohn, Rheinberger Reubke Reger und Widor ohne weiteres darstellbar ist. Besonders die Flöten und Soloregister sind bezaubernd intoniert und stellen viele Kompromissinstrumente aus dieser Zeit in den Schatten. Absolut hörenswert! Das Instrument ist bis auf 2 Umdisponierungen die von Wilhelm Rühlmann jr.1960 authorisiert wurden original erhalten und zeugt heute von dem Willen Instrumente zu bauen die nicht Neobarock - oder kompromiss-Instrumente auf Pneumatik sind sondern eine Weiterentwicklung der Spätromantik. Rühlmanns Instrumente klingen ganz speziell und ganz anders als ihre Zeitgenossen.

Donnerstag, 19. November 2020

HERRNHUT Brüdergemeindesaal in Sachsen op.292 aus 1907!

 In Gnadau bei Magdeburg erstellte die Orgelbauanstalt im Jahr 1891 ein kleines Werk für die dort ansässige Brüdergemeinde in deren Gemeindesaal. Das 117te Werk. Damals noch auf Kastenladen, freistehenden Spieltisch und einfachsten Koppeln die noch im Spieltisch mechanisch agieren. Pneumatik der ersten Stunde! Im Schwellwerk Oboe 8' und Voix celéste8' dazu ein Schwelltritt der noch als Löffeltritt angelegt war. 

 

vollbesetzter Saal in Herrnhut

In der Zentralgemeinde wo Graf Zinzendorf böhmisch und mährischen Glaubensflüchtlingen Zuflucht gewährte, entstand der große Versammlungssaal. 

Postkarte zur Orgelweihe und Saaljubiläum1907!

 

Um 1906, so schreibt es der Verfasser der Festschrift Hr.Erxleben, wurde die alte Barockorgel mit ihren vielen kreischenden und nicht tragfähigen Stimmen, zusehens unwürdiger für die vielen Großveranstaltungen und Hochfeste der Brüdergemeinde. Etwas neues großes symphonisches und konzertantes mußte her. Man unternahm einige Studienreisen zu größeren Orgelbaufirmen. Da man mit Rühlmann - der in Gnadau schon gute Dienste geleistet hatte - eine herausragende Zusammenarbeit hatte fiel der Neubau der Hauptorgel für den Brüdersaal auf ihn und seine Orgelbauanstalt. Am 11. August 1907 war es nach kurzer Bau und Aufstellungszeit endlich soweit- das große Instrument wurde eingeweiht und der Gemeinde vorgestellt. 

 

Organist Heyde am Spieltisch der RühlmannOrgel

Die 292te Orgel die Zörbig verließ. Das edle Gehäuse - ein Werk Nach Zeichnung und Ausführung des Herrnhuter Tischlermeisters Arndt. All das in breiter Ausführung, Im Saal ist auf der Empore die Höhe begrenzt und für die vielen Register die geplant waren kaum Platz. 

 

Chor und Orgel von Rühlmann

Alles mußte ebenerdig eingebaut werden und dazu noch die damals moderne elektrische Windmaschine die mit Tretvorrichtung und Magazinbalg ausserhalb untergebracht wurde. Der Spieltisch wurde freistehend wie in Gnadau 2,5 Meter vor die Orgel positioniert und schafft Platz für den Chor. 1907 diesmal mit modernsten Mitteln wie freie Kombination, Oktavkoppeln und Koppeln zu allen Manualen und Pedal ausgestattet, dazu Rollschweller inclusive Crescendohandhebel für den Registranten.

 

deutlich zu sehen der freistehende Spieltisch

 Klangdesigner Eule erzeugte etwas großes symphonisch orchestrales wie man es heute noch an vergleichbaren Instrumenten der Firma erleben kann. III Manuale, 40 Register. Alles was schön ist vergeht - somit verbrannte auch diese herausragende Orgel 1945 bei Kriegshandlungen.


Mittwoch, 11. November 2020

HEILIGENTHAL opus 387 aus 1916

 Etwas abgelegen in herrlichster Natur bei Gerbstedt (SachsenAnhalt) liegt Heiligenthal. (14km von Könnern entfernt). In der Kirche findet man alles im historischen Zustand, Barockaltar, Barockorgel, Jugendstilmalereien der letzten Kirchenrenovierung und elektrische Lampen aus der Jahrhundertwende. Wäre da nicht diese schwergängige und störrische Orgel aus 1737 mit ihrem Barockgehäuse. Erbaut von Johann David Tiensch aus Eisleben. Sicherlich heute eine Bereicherung, hätte man sie erhalten.....Rühlmann weigerte sich das Barockgehäuse durch ein Modernes zu ersetzen. Es wurde in der heimischen Orgelbau-Anstalt restauriert und erweitert. Es sollte eine doppelt so große Orgel in sich aufnehmen- 1737 das barocke Instrument I/12; 1916: II/11. aber dafür auf II Manualen und die vielen 8 Fuß-Register benötigen massiv raum. 1916 in mitten des scheußlichen ersten Weltkrieges wurde das Werk eingeweiht. Abgeliefert wurde nur in höchster Qualität. 

 

Heiligenthal Op.387 - 1916

Die Verarbeitung aller Teile und der Materialeinsatz zeugen davon. Auf dem ersten Manual sind disponiert: Hohlflöte8'Principal8'Octave4'Bordun16' Mixtur 3fach. Der Bordun gibt Fülle und Fundament. Auf der Windlade des II.Manuales, ein wahres Oberwerk, die Windlade steht über den Pedalpfeifen und über denen des Hauptwerkes, sind zu finden: Lieblich Gedackt8' Flauto traverso 8' Gamba8' Flauto amabilé4'. Die Oberoktavkoppel ist ausgebaut und lässt dadurch genialste Mischungen zu. Im Pedal ist Subbass 16' und Octavbass 8' aus Holz gestellt....beide geben dem Ganzen Kraft. Bemerkenswert ist bei dieser Orgel : der Principal8' ist eine wahre Kernstimme, frisch, kernig und jugendlich trotz das er verstaubt ist -  und außerdem in original Zinnausführung im Prospekt- er klingt wunderschön. 

 

Barockgehäuse mit Rühlmann´schen Zinnpfeifen.

Dazu alle anderen Register, die wie immer als Solostimmen verwendet werden können. Die Gamba8' bedarf auch der Betrachtung: Rühlmann´s spätromantische Instrumente leben von der Grundtönigkeit die durch schroffe Streicher mit viel "Oberton" aufgekratzt werden. Der Erbauer und der junge Chefintonateur legten Wert auf Obertönigkeit und Durchhörbarkeit bis in die tieftste Oktave.....die Gamba8' ist trotz der Höhe ausgebaut, die 5 längsten Pfeifen wurden aus Zink hergestellt und liegend an der Rückwand der Orgel befestigt. 

 

liegende Gamba 8' in Zink

von der Schönheit und Noblesse der Flöten muß man gar nicht berichten. Hier sind wie immer Namen nicht Schall und Rauch....man hört die Hohlflöte und die Traversflöte und die kleine Flauto amabilé direkt heraus. Man kann Principal zu Octave unterscheiden in Farbe und Nuance. Da die Orgel neu gewesen ist, musste der Zinnprospekt nicht abgeliefert werden. 

 


Das Ganze gekoppele und offene 8Fuß Zeug braucht natürlich eine enorme Windversorgung.... diese ist schier wild durch die Kirche geleitet.... leider funktioniert die Zuführung vom Motor nicht richtig, dadurch ist die über 100 Jahre alte Orgel nur eingeschränkt spielbar....lässt sich aber leicht beheben.....und ist mittlerweile wie ihre Vorgängerin ein seltenes besuchenswertes Objekt -  ein Muss. 

 

Gesamtansicht

Heiligenthal ein Instrument der Orgelbau-Anstalt Rühlmann - Zörbig , 1916!

Freitag, 6. November 2020

BEESENSTEDT op.240 aus 1902

 In Beesenstedt in der Nähe der Stadt Wettin/Saale erstellte Rühlmann seine 240te Orgel. 


Auf pneumatischen Registerkanzellen stehen 16 Register. Das Gehäuse wurde dem Kirchenraum und deren Farbgebung angepasst. Tolle Klangfarben wechseln sich auf der 8 Fuß Basis ab, die Mixtur gibt milden Glanz.


Die pneumatische Steuerung wird noch mit eleganten Messingrohr ausgeführt.
Registereinschaltungen noch mit großen Hubmembranen.

Eine generelle Spielbergmachung von einigen Jahren macht das Instrument wieder zu einem Zeugnis spätromantischen Orgelbaues auf höchsten Niveau auf dem Land in Sachsen-Anhalt.

Dienstag, 11. August 2020

WILDENHAIN op.407 aus 1923

Wildenhain op.407 1923
In Wildenhain bei Torgau steht op.407  aus 1923 von Rühlmann, orgelbewegt und dennoch der Spätromantik behaftet.
Spieltisch

Ein kleines Werk, welches klanglich überzeugt, Werkcharackter aufzeigt. Die Suboktavkoppel II-I bringt Fülle und Gravität in den Raum da die leisen Stimmen des II. Manuales optimal als 16' fungieren.


Pneumatik am geöffneten Spieltisch rückseitig

Spieltischrückseite

Das Gehäuse entstammt der Vorgängerorgel, wahrscheinlich Geißler, darüber fehlen leider noch die Quellen.

Die Windladen sind durchweg als pneumatische Registerkanzelle ausgeführt. Die Streicher sind scharf und obertonreich, die Flöten rund und fröhlich... die Principale passen sich dem Ganzen an und bilden die Hauptstimmen  und blasen ordentlich dazwischen.

Pedal Cello 8'
Es wird Zeit das diese kleine Orgel restauriert wird.... mannigfaltige Spielkombinationen und vor allem Spielfreude vermittelt dieses orgelbewegte Werk. Wenn es den renoviert würde.
II. Manual steht hinter dem Prospekt zur besseren Klangabstrahlung

Freitag, 7. August 2020

DORNITZ op.7 aus 1866 das erste Werk Wilhelm Rühlmann´s

Nachdem Vater und Firmengründer Friedrich Wilhelm Rühlmann von 1842-1866 nur 6 kleine Instrumente erbaute, wohl auch der damaligen schweren Zeit geschuldet, übernahm der erstgeborene Sohn Wilhelm der bei dem Vater die Lehre zum Orgelbauer durchlaufen hatte und anschließend noch weitere Jahre bei Friedrich Ladegast arbeitete, die kleine Firma.
Inschrift auf der Rückseite des Notenpults

Dort absolvierte er auch seine Meisterausbildung und wurde nachdem der Vater gesundheitlich immer angeschlagener war "heimberufen" um das väterliche Geschäft zu übernehmen. 1866 entstand so seine erste Orgel für die Dorfkirche in Dornitz bei Löbejün. (nördlich von Halle/Saale)

Ganz bescheiden aber dem Stil des Vaters folgend, das prägte den ganzen Lauf der späteren Orgelbaufirma. Selbst bei wenigen Manualregistern 16' und 8' im Pedal. Qualitätvoller Tastenbelag, hervorragende Holzbeschaffenheit und peinlich genaue Verarbeitung dazu edle Registerzüge mit edel beschrifteten Porzellanplatten zeigen schon beim ersten Instrument den hohen Anspruch.

Spielschrank
 Die Ausgewogenheit der Register, die helle Mixtur....die im Laufe der späteren Jahre immer dunkler und tiefer und dadurch dramatischer klingt zeigt sich hier. Hervorragend abgestufte Flöten. Dazu die Prinzipale die genauso aufeinander abgestuft anzutreffen sind, färbend hierzu die Viola di Gamba 8' mit edlem Strich noch nicht zu vergleichen was nach 1900 erbaut wurde. Das volle Werk braust wie man es bei Rühlmann immer antrifft- kraftvoll sonor aber klar durchhörbar da die Principalpyramide 8'-4'-2' Mixtur1 1/3' komplett ausgebaut ist. Auch die Balganlage lässt noch alte Schule erkennen, 2 übereinanderliegende Keilbälge, das sollte sich alles, besonders nach dem Besuch bei Aristide Cavaille-Coll in Paris grundlegend ändern.
restaurierte Keilbalganlage

Magazinbälge, Ausgleicher und Stoßfänger bestimmen immer mehr das Bild der Orgelanlagen. Dazu überblasende Flöten und immer ausgefallenere Streicher und Schwellwerke. Aber das ist bei diesem Erstlingswerk noch Zukunftsmusik. Ein tolles beeindruckendes und besonders liebevoll restauriertes kleines Instrument versteckt in Dornitz! 

Dienstag, 28. Juli 2020

RATHMANNSDORF op.49 aus 1883

In Rathmannsdorf nahe Stassfurt steht Op. 49 aus dem Jahr 1883.

Dieses Jahr restauriert und endlich wieder spielbar gemacht.

Auf mechanischen Schleifladen sind II Manuale und Pedal aufgebaut. Das Gehäuse wirkt schon jugendstilig ist aber der Gotik und Romanik behaftet und wurde farblich mit restauriert.... Auf dem II. Manual wurden durch Rühlmann um 1910  pneumatisch 2 zusätzliche Stimmen incl Schwellkasten hinzugefügt : Dolce 8' und Voix céleste 8' .
Der Zinkprospekt  der Nachkriegszeit wurde beibehalten. Durch diese Restaurierung wurde ein weiteres Werk Rühlmanns der frühen Schaffensperiode gerettet und der Öffentlichkeit presentiert!
 Wie immer begegnet uns eine hochqualitative Fertigung von allen Einzelteilen, überlegene Technik, planvoller Innerer Aufbau, und hier im Bild metallene Schwerter zur Schleifenbetätigung.

Montag, 20. Juli 2020

BAD DÜBEN op.294 aus 1907.

St. Nikolai Bad Düben. Hier steht Rühlmanns 294te Orgel aus dem Jahr 1907!
Das Gehäuse lässt eine viel ältere Orgel vermuten, das war auch so und zwar ein beachtliches Werk aus 1819 des regionalen Orgelbaumeisters Johann Carl Friedrich LOCHMANN aus Delitzsch der Lehrmeister so manchen späteren Orgelbaumeisters war, Carl F. Löwe Delitzsch,  Wilhelm Baer-Niemegk; CF.Friedrich -Nürnberg uvm. war. Bei gelegtentlichen Renovierungsarbeiten in der Kirche zu Bad Düben würde auch das alte damals unmoderne Instrument mit schwergängigen Schleifladen und mechanischer Traktur beanstandet und man besorgte Mittel für einen Neubau. 1907 stellte die Firma Rühlmann ein modernes mit leicht spielbaren pneumatischen Registerkanzellen gesteuertes, sicher auch durch einen begrenzten Kostenrahmen etwas gering disponiertes, Instrument in das vorhandene Gehäuse auf.
Die zusammengestrichene Disposition verrät es, keine Trompete8' im I.Man. dafür Clarinette8' und eine Harmonia aetherea 3 fach im II. Man. Oboe8' entfällt genau wie die kleinere Mixtur 3f. auf II. Das Pedal ist sparsam besetzt, ohne Schnörkel. Harmonikabaß 16' oder ein 16' Principal fehlen. (So ging es auch in Jüterbog op300 und in Pressel op.321 zu, geringes Budget, die größer angebotene Orgel wurde zugunsten des Preises verkleinert.) Posaune 16' aus Nadelholz wurde aufgestellt.
In den 30/50er Jahren wurde das Instrument grundlegend umdisponiert und barockisiert. Am Ende der DDR Zeit war es gar nicht mehr spielbar und erlitt zusätzlich noch einen Wasserschaden. 2008/2009 wurde das Werk durch C. Scheffler - Sieversdorf in den Originalzustand zurückversetzt. Klanglich vermutet man hier eine W.Sauer Orgel aus dieser Zeit. Der etwas schroffe und mit Ecken und Kanten versehene Rühlmann Klang dieser Epoche weicht davon etwas ab. Einfach mal Referenzinstrumente anhören und vergleichen. 
Der große III-manualige Spieltisch besitzt eines der wenigen erhaltenen Crescendo-Hebel für den Registranten incl dem Rollschweller und den Pantoffel-Schwelltritt zum III. Manual. Der derzeitige Organist der Stadtkirche weiss auf eigentümliche Weise das Instrument in Gottesdiensten und Konzerten einzusetzen, die Orgel erklingt regelmäßig am letzten Tag des Monats 19 Uhr zum Innehalten -"Fermate" Konzertreihe mit den unterschiedlichsten Künstlern aller Genres. Beachtenswert!

Freitag, 19. Juni 2020

KLEINALSLEBEN op.158 aus 1894.

In Kleinalsleben wurde um 1890 die alte kleine Kirche abgebrochen,
Kleinalsleben opus 158
der überaus beeindruckende historische Altar und die Orgel wurden in ein neuen Baukorpus integriert, dieser mit herrausragenden Jugendstilornamentiken und Darstellungen der 4 Evangelisten in einer beeindruckenden Weise.
Jugendstilornamentik
Barockprospekt der Vorgängerorgel
Bei der Orgel mußte etwas neues her, orchestral und nicht so schrill und klapperig wie die Alte aus vergangenen Zeiten... Die Zörbiger Orgelbauanstalt wurde mit einem Neubau beauftragt-im historischen Gehäuse. Am Gehäuse ist das anhaltinische Wappen groß dargestellt.
Detail mit anhaltinischen Wappen.
Im Inneren präsentieren sich pneumatische Kastenladen. Das Manual I als Hauptwerk ist klassisch besetzt.Im II.Manual finden wir eine seltene "Fernflöte 8' " dann die Standards... Voix céleste fehlt, dafür tritt eine durchschlagende Oboe 8' auf-eine herrliche Komposition.
duchschlagende Oboe 8' auf II. Manual
Das Werk ist momentan unspielbar -Kirche soll aufgegeben werden.....was es alles gibt. Dabei ist hier mit Barock Jugendstil und Orgel der größte Schatz für Besucher vorhanden. Das Instrument steht unverändert da und wartet das es aus dem Dornröschenschlaf geweckt wird.