Mittwoch, 26. Februar 2020

Martin Rinckart - Nun danket alle Gott

Eilenburg 1639- Erzdiakonus Martin Rinckart hält einen Bittgottesdienst in der Nicolaikirche ab, um die Stadt zu eretten vor der Zerstörung der schwedischen Truppen die ihre Kriegssteuer eintreiben wollten. Das Monumentalgemälde welches in der Aula des ehem.Gymnasiums in Eilenburg hängt (ca 4x6Meter) aus dem Jahr 1907 von Adolf Gustav Schlabitz (1854-1943) zeigt die Szenerie ganz deutlich und emotional. Maler Schlabitz projeziert gekonnt Eilenburger Gesichter in das Bild der anwesenden Gemeinde, hier gibt es eine Schablone welches die Gesichter zeigt die aus der damaligen Bürgerschaft portraitiert wurden und mit deren Namen beschriftet sind. Noch heute erkennen Eilenburger Familien sich und ihre Vorfahren auf diesem monumentalen Bild.
Monumentalgemälde aus 1907 von Adolf Gustav Schlabitz
Martin Rinckart, Pfarrer, Erzdiakonus und ehemaliger Thomaner in Leipzig - der Dichter und Komponist des weltbekannten Liedes "Nun danket alle Gott" englisch: "now thanks we all our god" ist auf der Kanzel mit gefalteteten Händen fast unerkannt und nur im abgewanden Profil zu sehen. Die Anwesenden hängen mit ihren Augen an Ihm. Er blickt mit seinen Augen zu seinem Gott um die Menschen und die Stadt vor der Zerstörung zu wahren. Am Rande ist vermutlich Kaiser Wilhelm II zu erkennen als Patronus der evangelischen Kirche. Das Bild wurde 1907 erstellt. Im Mittelpunkt steht jedoch etwas ganz anderes - dafür verlangt es der genauen Betrachtung. Eine junge einsame schöne Frau - eine Frau die ihren Mann im Krieg verloren hat und mit ihren Drei Kindern um ihre Zukunft betet. Augenbrauen, starre Gesichtszüge, die Mundwinkel spannungsgeladen nach unten - Diese Frau hat Schweres durchgemacht, sie ist deutsch, gibt nicht auf - der Sohn schaut auf die Mutter -  verrat mir dein Geheimnis des Glaubens"
Ausschnit: junge Mutter mit ihren Kindern
der futuristische Kaiser der allen Menschen Frieden bringen wollte, ist ja auch mit im Bild, Wilhelm II. Protektor des evangelischem Glaubens daneben Gustav Adolf von Schweden als Soldat in tiefer Ehrfurcht und zeigt nach draussen -  "geht raus Brüder und Schwestern! Wir reichen uns die Hände - wir halten Frieden"
Im Hintergrund die Eilenburger Bürgerschaft - benannt auf Schlabitz' Schablone wo ein jeder portraitiert und gemalt wurde. 
Wilhelm II Gustav Adolf II und die Eilenburgerin
Die Erettung wiederfährt und die Stadt wird verschont - Im Lied: (EG321, 2Str.) Der ewigreiche Gott woll uns bei unserm Leben- ein immer fröhlich Herz und edlen Frieden geben. Und uns in seiner Gnad erhalten fort und fort und uns aus aller Not erlösen hier und dort! Da es gelungen ist mit den Schweden zu kooperieren und der tote Gustav Adolf der bei Lützen getötet wurde, im "roten Hirsch" aufgebart wurde die III.Strophe: Lob Ehr und Preis sei Gott, dem Vater und dem Sohne und dem der Beiden gleich im höchsten Himmelsthrone dem dreimal einen Gott wie er urpsrünglich war -  und ist und bleiben wird jetztund und immerdar! Das Gemälde des Sämanns bei Eilenburg - wirkt hingegen beruhigend und geschichtlich unbehelligt- in der Morgendämmerung wird gesäet, im Hintergrund die Eulenburg der Wettiner.Er sät den Samen einer neuen Zeit..... Eilenburg, Sachsen, RinckartGymnasium jetzt Volkshochschule.
Säemann vor der Silouette von Eilenburg 1908 gemalt von Schlabitz



Dienstag, 25. Februar 2020

WIENDORF op.198 aus 1898!

Wiendorf bei Könnern, im dem neuerbauten Kirchenraum (reformiert nach dem Hof Köthen?) wurde die alte Orgel der Vorgängerkirche übernommen und integriert. Ein Barockorgelwerk. Das Gehäuse wurde übernommen und in diesem ein weit größeres Werk installiert:
Wiendorf , alter Barockprospekt mit Zinkpfeifen als Ersatz nach 1917.
1898 wurde es abgetragen und durch ein damals standesgemäßes Instrument ersetzt. Die kleine neue Orgel war nun nicht mehr nur dem kirchlichen Gebrauch vorbehalten sondern konnte auch in Konzerten und anderen Veranstaltungen benutzt werden. Auf nun eleganten 2 Manualen und Octavcoppel war und ist ein pianistisches und konzertantes Spiel möglich -  die wenigen aber alle Solo verwendbaren Register lassen Dies zu. Gepaart mit einem nun leichtgängigen Tastengang durch den Einsatz der pneumatischen Steuerung - hier sogar schon mit einer der frühen Kegelladen. (Rühlmann baut Flachventile!also keine Kegel)
Spieltisch.
Die Gesamtwirkung ist auch trotz mangelnder Pflege erkennbar und schafft immer noch Bewunderung. Die Pfeifen der Manuale stehen auf einer Zwilligslade.. Manual 1 und 2 auf einer kompakt erbauten Windlade die von 2 Seiten angesteuert wird. Einfach schöne Einzelstimmen wie Gamba8'- Doppelflöte8' und Principal8' oder Flauto8' Salicet8' und Flauto traversa4' incl Octavcoppel bereichern das Spektrum. Octave 4' und die Rauschquinte 2-2/3' &2' bringen die nötige Würde und die Abrundung der Grundstimmen. Wenige Register - so einsatzfähig und mannigfaltig im Kombinieren. Auch im Inneren der Orgel zeigt sich bei Opus 198 Qualität des Materials, Qualität der Verarbeitung und die elgante pneumatische Steuerung der frühen Periode.
einzigartige PneumatikSteuerung um 1900 (Spieltischrückseite geöffnet)
9mm Messingrohre, 90° Winkel und strahlenförmige Führung der Impulsleitungen sind die Markenzeichen. Soetwas ist bei keiner anderen Orgelbauanstalt um dieser Zeit erbaut und erkennbar. Der Spieltisch ist komplett rückseitig dicht verschlossen mit einem Bretterverschlag um gegen Witterung, Fremdeinwirkung und Dreck geschützt zu sein....hier geöffnet dargestellt. Die Mitarbeiter und Wilhelm Rühlmann stellen alle anderen Firmen um diese Zeit in den Schatten - das mit einer unereichbaren Präzision der Repition und Ansprache und einer beeindruckenden Intonation und Kombinierbarkeit der Register. Hier erkennt auch der Laie wie der Fachmann neidlos die Kompetenz der Orgelbauanstalt Rühlmann an, klanglich und technisch auf höchsten Niveau zu arbeiten.
geöffnete Spieltischrückseite.
Nicht umsonst wurde sie zu den 4 bekanntesten Orgelbauwerkstätten der Jahrhundertwende gezählt und in Fachliteratur genannt. Was haben wir für imperiale Instrumente auf unseren Dörfern! Auf die Größe kommt es nicht an. Klar ist groß immer schön-aber ist es auch schön?

ZELLEWITZ op.8 aus 1866

H.J. Falkenberg beschreibt kurz die Orgel auf Seite 14 in seinem RühlmannBuch aus 1994. Hier sind auch einige Fehler unterlaufen. Jetzt richtig und 26 Jahre später- die Kirche in Zellewitz ist gesperrt, Baufälligkeit und Ruinös.
Das Frühopus 8 aus dem Jahr 1866 ist rudimentär vorhanden und könnte sogar umgesetzt werden. Den Metallpfeifen ist es beraubt aber ansonsten rekonstruierbar in einer anderen Kirche oder einem Museum wiederaufstellbar. Sie ist in der Brüstung eingelassen und ist nicht hinterspielig sondern Seitenspielig!
Manualumfänge C-f3 und Pedal C-d1. Die Registerzüge sind links rechts und oben angeordnet. Das Werk wurde etwas demoliert aber es ist an anderer Stelle rekonstruierbar.
Das wäre die Rettung für Rühlmann´s 8tes Orgelwerk (2te Orgel Wilhelm Rühlmanns, da die Werkzählung mit dem Vater und Firmengründer Friedrich Wilhelm Rühlmann beginnt Op.1-6) Auch hier lässt sich schon erkennen das Technik und Verarbeitung des Materials von einem jungen und erfahrenen jungen Orgelbaumeister zeugen.

Donnerstag, 20. Februar 2020

KÖSSELN op.145 und WIESKAU op.113 am Petersberg bei Halle.

Hier haben wir zwei Beispiele wie man Instrumente verkommen lassen kann - und die heutigen Kirchenräte haben enorm mit dieser Altlast zu kämpfen. Beide waren lebende Gemeinden, Dörfer. In Kösseln beginnt man wieder ehrenamtlich das einsturzgefährdete Kirchengebäude zu sichern oder wenigstens zu erhalten.
Kösseln opus 145
In Wieskau haben wir eine Barockkirche die mit Jugendstilelementen kurz vor der Jahrhundertwende 1900 restauriert wurde.
Wieskau opus 113
Diese wird noch genutzt. In beiden Kirchen (beide stehen 10km entfernt ) stehen Instrumente der Orgelbau-Anstalt Rühlmann. In Kösseln das Opus 145 auf pneumatischen Kastenladen und in Wieskau Opus 113 eines der ersten pneumatischen Instrumente. In Kösseln wurde fachmännisch abgeräumt. Es stehen nur Spieltisch und Windladen mit dem leeren Gehäuse im verlassenen Kirchenraum. Der Spieltisch wurde zusätzlich seiner Registerschilder und dem Glasfirmenschild entledigt. Traurig.
Spieltisch Kösseln
In Wieskau ist fast alles noch vorhanden, die Kirche ist in Benutzung und kommt langsam wieder in das Blickfeld der Einwohner und Gäste. Auch diese Orgel wurde fast aller Metallpfeifen beraubt. Die Diebe fanden aber versteckt nicht das II. Manual. das ist noch vollständig erhalten. Manual I besitzt nur noch die Holzpfeifen. Hier kann man problemlos mit einiger Recherche rekonstruieren und ein tolles Instrument wiedererstehen lassen. Das neue Gehäuse von Rühlmann welches zeitgleich erbaut an den Innenraum der Kirche angelehnt ist, besticht duch Schönheit und Erhabenheit.
Spieltisch Wieskau
Das selbe gilt in Kösseln. Beide Instrumente sind in pneumatischen Kastenladen ausgeführt, welche eine präciseste Tongebung garantieren. Das ist allgemein unbekannt-da das pneumatische System - egal welches- immer noch schlecht geredet wird. Man muß differenzieren- einige Orgelbaufirmen konnten es und viele haben halt die "schleppende träge Pneumatik" Rühlmann war der erste der Pneumatik effektiv und vor allem präzise und spielsicher am Markt einbrachte. Hier gab es kein Instrument was halbherzig ausgeliefert wurde. Ansprache und Tongebung mussten perfekt sein!

Dienstag, 18. Februar 2020

Opus 93 von 1888 in SYLDA bei Hettstedt. eines der ersten 10 pneumatischen Instumente!

In SYLDA bei Hettstedt/Aschersleben steht opus 93 aus dem Jahr 1888.
Das Instrument wurde leider umdisponiert und harrt fast unspielbar auf eine Restauration und Rückführung. Als eine der ersten Orgeln Rühlmanns mit pneumatischer Steuerung auf Kastenladen und dieses zusätzlich noch mit Spielschrank  -fristst das relativ große Instrument ein Schattendasein.
Das Gehäuse im neoromanischen Styl erbaut, teilweise klingend dem Kirchenraum angepasst. Die Klangaussage wurde der Orgel um 1942 genommen und wurde barock umdisponiert.....hier wurde auch die Pneumatik der Rühlmannschen Orgelbauanstalt entfernt und durch eine Neue ersetzt. Man muss aber sagen - hier ist soviel Original das man leicht rekonstruieren kann.....Klang, Pfeifen und Windanlage.
Wenn man auch die Technik so lässt- so kann man ein frühes Werk der Firma Rühlmann wieder erstehen lassen welches in einem beeindruckenden neoRomanischen Gehäuse Spielfreude erweckt....gerade die frühen Werke der Orgelbaufirma bestechen durch eine einmalig abgestufte Klangdynamik und Differenzierung. Ganz anders als die Instrumente um 1910. Das muß bei Restaurationen unbedingt bedacht werden.
Das Firmenschild  - nun aus Glas-  weist auch nur die erste Goldmedaille auf- die zweite kam viel später.

Montag, 17. Februar 2020

NEUGATTERSLEBEN op.96 - 1889 eines der ersten Instrumente mit Pneumatik

In Neugattersleben bei Staßfurt steht opus 96 aus dem Jahr 1889. Es ist eines der ersten Instrumente in dem das neue System der Pneumatik eingesetzt wurde.
Neugattersleben opus 96
Der Ort und die Adelsfamilie "von Alvensleben" baute 1888 eine neue Kirche, hier war vor und nach der Erbauung Kaiser Wilhelm II. öfter zur Jagd zugegen und wachte auch über die Taufe einer Tochter der Adelsfamilie. Die im neuen Stil erbaute Orgel erregte im Umkreis durch ihren symphonisch markig prägnanten Klang weites Aufsehen. Jedem, vom Besucher bis zum General wurde das neue Instrument vorgestellt.
Spieltisch
Das war etwas neues, schönes und damals fast unhörbares: Voix céleste; Oboe8' durchschlagend, kraftvolle Streicher Gamba8'Salicional 8'+4' tolle Principale und überblasende fast französische Flöten! Dazu im vollen Werk ein Bassfundament und die Grundstimmen 8' addiert die Trompete8' und die donnernde Posaune 16' ! Fast schon unerhört für schwache Gemüter. Für die gibt es ganz sanft abgestufte neue Klangfarben und das in einem Schwellkasten der mittels eines Löffeltrittes bedient wird -  Cavaille Coll-Paris lässt herzlich grüßen! (Rühlmanns Frankreichreise 1880 Maitre Cavaille-Coll zeigte Wilhelm Rühlmann persönlich die Orgel des Trocedéro-Saals)
Löffeltritt als Schwelltritt zum II.Manual
Und dann diese neue Technik - Pneumatik  - Pfeifen auf Kastenladen, promte Ansprache, leichte Spielweise, und geräuschlos arbeitende Technik- sowas gab es noch nicht im Anhaltinischem Großraum...."Bemerkenswert dieser Rühlmann" Opus 96 stellt eines der ersten Orgeln dar, wo das neue System erfolgreich und funktionstüchtig eingesetzt wurde. Andere Orgelbauer hatten hier bis nach 1900 ihre Schwierigkeiten, Rühlmann, der Techniker und Zukunftsweisende Orgelbauer hatte alle Lösungen und besticht zusätzlich mit elegant verlegten pneumatik-Impulsleitungen in Messing mit gesteckten Winkeln. So etwas sieht sehr edel aus. Alle Orgeln wirken dadurch im Inneren sehr herrschaftlich und erhaben - ungesehen in dieser Zeit - und vor Allem - es funktioniert tadellos! Die Pfeifen stehen auf Kastenladen - man muß neidlos anerkennen das Diese präziser ansprechen und reagieren als die später gebaute Registerkanzelle!Vor allem -bei Wilhelm Rühlmann funktioniert die Pneumatik tadellos ohne zu schleppen!
frühe Pneumatik mit Messingrohren. Hier op.218 die größte Dorforgel - op.218 III-30
Auf das edle Gehäuse und die Aufmachung muß man nicht weiter eingehen....Spielfreude pur, Repition stellt fast die Mechanik in den Schatten. Die Orgel braucht einige Hilfe-  die heißen Sommer und mangelnde Pflege haben Ihr zugesetzt...Aber komplett spielbar genießt man die tollen Klänge.
Detail des Gehäuses in Neugattersleben.
Was für eine Orgelbaufirma war das damals.... Man zählte sie zu den ersten 4 im deutschen Reich. Vorsprung durch Technik, Überlegenheit durch die Ausgewogenheit der Manuale untereinander und im Klang der Einzelstimmen.

Sonntag, 16. Februar 2020

GROSSRÖSSEN op.324 aus 1910

Großrössen bei Falkenberg/Elster. Hier steht momentan noch unspielbar die 324te Orgel der Orgelbau-Anstalt Rühlmann-Zörbig.
Eine elektrische Windmaschine ist noch nicht vorhanden. Wir hatten uns selber abwechselnd Wind gemacht und mussten den Blasebalg treten. Einige Töne waren zu entlocken....
.Vollständig erhalten, in einem einfachen Kastengehäuse der Jahre um 1910. Der Spieltisch ist links ans Gehäuse angesetzt.
Die Prospektpfeifen wurden 1917 konfisziert und in Zink ersetzt. Das Porzellanschild "Superoktavkoppel" fehlt. Hier wäre mit einfachen Mitteln eine schnell spielbare Orgel wieder zu erwecken...

Mittwoch, 12. Februar 2020

BARBY St. Johannis op.82 die letzte große mechanische Orgel von Rühlmann aus dem Jahr 1886

Barby / Elbe. St.Johannis. Hier steht im edlen, dunklem, neogotischen Gehäuse mit schweren Formelementen massiv wirkend die letzte große mechanische Orgel der Orgelbaufirma Rühlmann-Zörbig.
Barby, St.Johannis: opus 82 W.Rühlmann Orgelbauanstalt
Zwei wehrturmartige Pfeifentürme flankieren das flache Mittelfeld, diese sind gekrönt mit einem pyramidenartigen Dachaufsatz, was dem ganzen etwas märchenhaftes verleiht.
Prospekttürme.
Das Instrument besitzt auf III Manualen und Pedal 35 Register und zahlreiche Nebenzüge. Durch eine geheime Tür im hinteren Teil des Gehäuses gelangt man über eine innenliegende Wendeltreppe auf den Dachboden in die Balgkammer wo 2 große Doppelfaltenmagazinbälge stehen.
Balganlage
Durch eine weitere verdeckte Tür gelangt man in das Innere des Instrumentes. Mechanische Registratur und Tontraktur. Die Tontraktur wird zusätzlich und mittlerweile ganz selten anzutreffende liegende Barkermaschine unterstützt. Schon diese Ausstattung macht das hochwertvolle Instrument  zu einer national bedeutsamen Orgel.
liegende Barkermaschine
Bis auf eine elektrische Windmaschine und 1917 abgelieferte Prospektpfeifen die durch Zinkersatz ergänzt wurden ist sie im ganzen original erhalten, Umbauten, Umdisponierungen blieben ihr gottseidank erspart. Ungewöhnlich ist bei dieser Größe von Orgel der geringe Umfang der Manuale (C-f ''') und des Pedals (C-d ').
III-manualiger Spielschrank mit "Kollektivtritten"
Das wurde bei Rühlmann erst später erweitert und bei kleinen Dorfinstrumenten bis zum ersten Weltkrieg für ausreichend befunden. Im Untergehäuse sind 2 große Reservoirbälge untergebracht, die liegende Barkermaschine befindet sich direkt hinter dem Spielschrank und ist durch Abdeckungen gegen Verschmutzung gesichert. Das ist bei Rühlmann bei allen Werken zu beobachten: Barkermaschine in einem verschlossenen Holzkasten, bei pneumatischen Kastenladen sind die Auslassventile unter einem Holzdeckel versteckt und die Pneumatiktaschen zur Pfeife sowieso in der Kastenlade versteckt. Bei den später gebauten Registerkanzellenwindladen sind alle Vorrelais mit Schutzleisten versehen. Erstens werden Störgeräusche minimiert und zweitens alles vor Verschmutzung oder unbeabsichtige Kontakte mit Personen in der Orgel gesichert. Zur Beschaffenheit: auf jedem Manual ein Rohrwerk. Trompete 8' auf I, Clarinette 8' auf II. Harmonika 8' auf III' (Harmoniumzungen=Physharmonika) Im Pedal eine schmetternde Posaune aus Holz. Die Nebenzüge sind interessant: Pianopedal / Fortepedal Pianomanual / Fortemanual. Vorläufer der festen Kombinationen. Diese Züge korrespondieren mit  3 Tritten die über dem Pedal angeordnet sind, der 4te Tritt ist der Löffeltritt zum Schwellkasten des III.Manuales.
Detail : Nebenzüge und Sperrventile
Kraftvolle Intonation, liebevoll intonierte Einzelstimmen die alle das Gemüt ansprechen und sich mannigfaltig kombinieren lassen. Die Orgel ist sehr sehr eingeschränkt oder gar nicht spielbar und soll in Zukunft generalsaniert werden, was nur mit einem gehörigen finanziellen Aufwand realisiert werden kann. Die letzte große mechanische Orgel der Orgelbauanstalt!
Detail: Orgeluntergehäuse

Dienstag, 11. Februar 2020

LEBENDORF op.40 aus 1882

In Lebendorf steht opus 40 der Orgelbaufirma Rühlmann aus dem Jahr 1882.
Innenasicht der Kirche in Lebendorf
Mutwillige Zerstörung und eine lange Zeit der Verwahrlosung hat das Instrument, welches in allen Komponenten original erhalten ist überstanden. Unspielbar steht es da. Auf mechanischen Schleifladen, 5 Jahre bevor das erste gebrauchsfertige pneumatisch gesteuerte Instrument die Orgelbaufirma verließ. Es wurde noch in der alten Rühlmannschen Werkstatt in der Enge der Innenstadt Zörbigs erstellt. erst 1883 wurde das neue große Anstaltsgebäude bezogen. Auf 2 Manualen und Pedal sind 18 Register verteilt. Die Pedalcoppel wird mittels eines Fußtrittes an und abgestoßen. (Einfluß der Frankreichreise und dem Zusammentreffen mit Aristide Cavaille-Coll in Paris der Rühlmann seine großen Instrumente besonders im Trocadéro Paris selber vorstellte.)
Neogotisches Gehäuse ohne Prospektpfeifen opus 40

mechanische Spielschrankanlage
In der neuen Kirche in Lebendorf. Im Neugotischen Gehäuse, ohne neue Prospektpfeifen, diese wurden lt.Umfrage1937 nie ersetzt, bis in die 1970er spielbar.
Vandalismus im Inneren der Orgel.
Das Material ist gut verarbeitet, das Holz ist im guten Stande und ohne erkennbaren Wurmbefall, solide Mechanik incl solidem zweimanualigem Spielschrank.
Mechanik im Inneren
Der Korpus steht da.....wartet auf ein neues Leben in Lebendorf -  bei Bernburg/Könnern.

Mittwoch, 5. Februar 2020

LEIPZIG GROßZSCHOCHER op.306 aus 1908

Im damaligen Vorort Leipzigs - Großzschocher steht die aus dem 13 Jahrhundert stammende Apostelkirche, die zu Barockzeiten erweitert und um 1908 nocheinmal modernisiert und vergrößert wurde. Im selben Atemzug wurde auch ein neues modernes Orgelwerk in das historisch übernommene Gehäuse aus 1787 von Orgelbauer Gottlob Göttlich eingebaut. Den Prospekt hat man damals auf ein neues Orgeluntergehäuse gestellt, links und rechts ergänzte man im Stil der Zeit Flachfelder um mehr Breite und Raum zu schaffen. Somit steht die Orgel nicht mehr frei und verdeckt die ganze dahinterliegende Orgelnische.

Orgelfront mit nicht mehr vorhandenen Ergänzungen, nur noch im Gehäuseunterbau erkennbar links und rechts
Die Schleierbretter und vermutlich auch die Vasen sind Zutaten des Jugendstils. Mit einer stattlichen Größe von 21 Registern verteilt auf zwei Manuale C-f3 und Pedal mit dem  unüblichen Tonumfang  C-f1 für diese Größe! wurde das Werk bereits mit Trompete 8' I.Man. und Posaune 16' im Pedal als opus 306 ausgeliefert. "Rohrwerke" respkt. Zungenstimmen.... Das ist bei dieser Größe bei Rühlmann üblich, vgl. Seebach op.311 II/23; Wernigerode Hasserode op.319 II/24; Nemsdorf op.237 II/21 (Oboe8'Posaune16'); Oebisfelde op.242 II/21 (nur Posaune16') hingegen weist op.303 Halle Diakonissenkrankenhaus bei II/20 kein einziges Rohrwerk auf. Wiederum trifft man bei Instrumenten unter 20 Stimmen gelegentlich auf eine Oboe 8' im II.Manual. zb.Hartebeestfontain op.312 (Afrika) und Schmirma op.267. Also befindet sich die Apostelkirchenorgel in bester Gesellschaft der damaligen Schwesterinstrumente. Ein Jalousieschwellkasten fehlt, genauso wie die Anlage eines Rollschwellers. Es muß eine Superoctavkoppel vorhanden gewesen sein, der Registerzug ist jetzt umfunktioniert als Tremulant II.Man.
ehemalige Oktavkoppel jetzt Tremulant
Der Prospekt wurde wieder klingend eingerichtet, die Windladen sind in rühlmannschen Registerkanzellen ausgeführt, Pneumatisch angesteuert. Pneumatik und Pfeifen stehen auf dem selben Winddruck.
Nach 1970 erfolgte eine Umdisponierung da sicher der schwere Orchestrale Klangcharackter den damaligen Zeitgeschmack nicht mehr befriedigen konnte. Zwei weitere Nebenzüge wurden in zusätzliche Register die auf Zusatzladen stehen, umfunktioniert. ("Registereinschalt" und "Pianopedal") Um 1980 erfolgte eine weitere Umdisponierung durch VEB Eule Orgelbau-Bautzen. Die zusätzlichen Seitenfelder wurden entfernt und geben jetzt den Blick in die Orgel preis, der Prospekt wurde mit neuen Zinnpfeifen ausgestattet.
Stock des zurückgebauten Seitenfeldes im Prospekt 15 Pfeifen, davon waren 4 klingend.
Das Instrument klingt jetzt genau entgegengesetzt als wie es erdacht wurde. Viele Aliquoten und wenige 8' stehen der noch brutal bollernden Posaune und der knurrigen Trompete gegenüber, an diesen beiden Stimmen erkennt man sofort wie kraftvoll grundtönig das Originalinstrument gewesen sein muß. Wer das mal hören möchte- Seebach bei Mühlhausen ansehen und anhören. opus 311 im Originalzustand, vergleichbarer Raum, vergleichbare Register, gleiche Größe.
Balg und Windversorgung im Untergehäuse hinter demSpieltisch
Die Orgel der Apostelkirche befindet sich in einem sehr gepflegten Zustand und wird regelmäßig gestimmt, gewartet und in Konzerten genutzt. Die oft beschimpfte Pneumatic ist hier wie an jeder fachlich richtig vorgerichteten RühlmannOrgel tadellos und präzis! Die Angaben im RühlmannBuch von Falkenberg aus dem Jahr 1994 stimmen nicht- die Windladen verraten es, Voix céleste 8' ab c° war vorhanden. Auch umdisponiert sehr höhrenswert und beachtlich kraftvoll. Besuchen lohnt sich auch trotz Umbau!
deutlich sieht man die gekröpfte Posaune 16' durch die fehlenden Seitenfelder

Sonntag, 2. Februar 2020

SCHLETTAU opus 172 aus 1895

Original erhalten aber momentan unspielbar ist die Orgel in Schlettau bei Löbejün/Könnern.
Schlettau opus 172
Die Kirche ist schon hergerichtet, nun fehlt nur noch das Orgelwerk. Unbeachtet steht es auf der Empore. Opus 172 der Orgelbauanstalt Rühlmann.
Kastenladen von unten und pneumatische Steuerung

 Unangetastet und Oiginal vom Balg bis zu den Pfeifen. Da es sich um eine pneumatische Kastenlade von Rühlmann handelt sollte eine schnelle Spielbarmachung möglich sein.....
typsisch - Spieltischpartie und Untergehäuse.