Mittwoch, 5. Februar 2020

LEIPZIG GROßZSCHOCHER op.306 aus 1908

Im damaligen Vorort Leipzigs - Großzschocher steht die aus dem 13 Jahrhundert stammende Apostelkirche, die zu Barockzeiten erweitert und um 1908 nocheinmal modernisiert und vergrößert wurde. Im selben Atemzug wurde auch ein neues modernes Orgelwerk in das historisch übernommene Gehäuse aus 1787 von Orgelbauer Gottlob Göttlich eingebaut. Den Prospekt hat man damals auf ein neues Orgeluntergehäuse gestellt, links und rechts ergänzte man im Stil der Zeit Flachfelder um mehr Breite und Raum zu schaffen. Somit steht die Orgel nicht mehr frei und verdeckt die ganze dahinterliegende Orgelnische.

Orgelfront mit nicht mehr vorhandenen Ergänzungen, nur noch im Gehäuseunterbau erkennbar links und rechts
Die Schleierbretter und vermutlich auch die Vasen sind Zutaten des Jugendstils. Mit einer stattlichen Größe von 21 Registern verteilt auf zwei Manuale C-f3 und Pedal mit dem  unüblichen Tonumfang  C-f1 für diese Größe! wurde das Werk bereits mit Trompete 8' I.Man. und Posaune 16' im Pedal als opus 306 ausgeliefert. "Rohrwerke" respkt. Zungenstimmen.... Das ist bei dieser Größe bei Rühlmann üblich, vgl. Seebach op.311 II/23; Wernigerode Hasserode op.319 II/24; Nemsdorf op.237 II/21 (Oboe8'Posaune16'); Oebisfelde op.242 II/21 (nur Posaune16') hingegen weist op.303 Halle Diakonissenkrankenhaus bei II/20 kein einziges Rohrwerk auf. Wiederum trifft man bei Instrumenten unter 20 Stimmen gelegentlich auf eine Oboe 8' im II.Manual. zb.Hartebeestfontain op.312 (Afrika) und Schmirma op.267. Also befindet sich die Apostelkirchenorgel in bester Gesellschaft der damaligen Schwesterinstrumente. Ein Jalousieschwellkasten fehlt, genauso wie die Anlage eines Rollschwellers. Es muß eine Superoctavkoppel vorhanden gewesen sein, der Registerzug ist jetzt umfunktioniert als Tremulant II.Man.
ehemalige Oktavkoppel jetzt Tremulant
Der Prospekt wurde wieder klingend eingerichtet, die Windladen sind in rühlmannschen Registerkanzellen ausgeführt, Pneumatisch angesteuert. Pneumatik und Pfeifen stehen auf dem selben Winddruck.
Nach 1970 erfolgte eine Umdisponierung da sicher der schwere Orchestrale Klangcharackter den damaligen Zeitgeschmack nicht mehr befriedigen konnte. Zwei weitere Nebenzüge wurden in zusätzliche Register die auf Zusatzladen stehen, umfunktioniert. ("Registereinschalt" und "Pianopedal") Um 1980 erfolgte eine weitere Umdisponierung durch VEB Eule Orgelbau-Bautzen. Die zusätzlichen Seitenfelder wurden entfernt und geben jetzt den Blick in die Orgel preis, der Prospekt wurde mit neuen Zinnpfeifen ausgestattet.
Stock des zurückgebauten Seitenfeldes im Prospekt 15 Pfeifen, davon waren 4 klingend.
Das Instrument klingt jetzt genau entgegengesetzt als wie es erdacht wurde. Viele Aliquoten und wenige 8' stehen der noch brutal bollernden Posaune und der knurrigen Trompete gegenüber, an diesen beiden Stimmen erkennt man sofort wie kraftvoll grundtönig das Originalinstrument gewesen sein muß. Wer das mal hören möchte- Seebach bei Mühlhausen ansehen und anhören. opus 311 im Originalzustand, vergleichbarer Raum, vergleichbare Register, gleiche Größe.
Balg und Windversorgung im Untergehäuse hinter demSpieltisch
Die Orgel der Apostelkirche befindet sich in einem sehr gepflegten Zustand und wird regelmäßig gestimmt, gewartet und in Konzerten genutzt. Die oft beschimpfte Pneumatic ist hier wie an jeder fachlich richtig vorgerichteten RühlmannOrgel tadellos und präzis! Die Angaben im RühlmannBuch von Falkenberg aus dem Jahr 1994 stimmen nicht- die Windladen verraten es, Voix céleste 8' ab c° war vorhanden. Auch umdisponiert sehr höhrenswert und beachtlich kraftvoll. Besuchen lohnt sich auch trotz Umbau!
deutlich sieht man die gekröpfte Posaune 16' durch die fehlenden Seitenfelder

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