Mittwoch, 13. Mai 2020

SCHERNEBECK bei Tangerhütte op.188 aus 1897

Im kleinen Schernebeck nahe Tangerhütte (30km nördlich Magdeburgs) wurde 1896/1897 Großes geleistet- das kleine Dorf leistete sich anstatt der alten Feldsteinkirche einen repräsentativen Neubau. In diesem Zuge wurde auch eine entsprechend große Orgel angeschafft -  eine der nördlichsten -  die die Orgelbauanstalt W.Rühlmann,Zörbig lieferte!
Schernebeck op.188 - 1897
Für den relativ kleinen Kirchenraum ist das Instrument reich bestückt an Registern. Eine wahre Klangpracht enfaltete sich - leider wurde es durch Vadalismus beschädigt. Aber nicht hoffnungslos, in allen Teilen vorhanden, es fehlen einige Pfeifen die man rekonstruieren kann, dazu die Schauseite - die 1917 beraube Front der Orgel. Diese sollte eh´ in Zinnlegierung ergänzt werden sobald die Restaurierung stattfindet. Der innere Aufbau ist wie immer interessant: Im Untergehäuse sind Spieltisch, Magazinbalg und an der Rückwand die Pedalwindlade angeordnet.
Manual I und Unterseite II.Manual mit Impulsleitungen
Darüber die des Manual I. Diese ist einfach chromatisch verlaufend. Darüber quer zum Prospekt steht die Windlade des II.Manuales. Diese ist ebenfalls einfach chromatisch erbaut.  Alle Windladen sind als "Kastenladen" ausgeführt, hier schon Version II mit Zustromtechnologie und Impulsleitungen in Messingrohrausführung. Hinter der Orgel eine Etage höher auf dem Turmboden steht die Windanlage mit 2 Schöpfern und einem großen Regulatorbalg, von dort wird der Magazinbalg im Inneren der Orgel gefüllt. Kräfteschonend, und mit riesigen Windkanälen wird für ausreichend Nachschub gesorgt. Eine ausgeglügelte Disposition und Intonation (Klangdesign) die "höchste künstlerische Ansprüche befriedigt" zeugen von der Überlegenheit der Anlage. Auf dem I. Manual sind 2 kräftige Flöten, Hohl- und Doppelflöte8', die Gegenspieler zu Principal8' der wiederum obertonreich geklärt wird durch eine schneidende Gambe8'. Octave4' und Flauto harmonique4' geben einen zarten und schroffen 4'Fuß. Dazu warm füllend der Bordun16' der sich auch den zarten Stimmen aus Manual II anpasst und stützt. Mixtur 3fach bringt "Glanz und Kraft-ohne zu schreien"
Spieltisch
Auf dem II.Manual wird es solistisch aber nicht weniger kraftvoll zu. Lieblich Gedact8' und das zarte Dolce8' erheben die schwächsten Herzen andächtig. Salicional8' und Vox celeste8' gehen zusammen und schweben schon kraftvoll über den beiden soften Registern immer hörbar in allen Registrierungen der 8' Lage. Geigenprincipal8' gibt Farbe, Kraft und bläst ordentlich ähnlich der Hörner im Orchester. Die mit sonderbaren Obertönen behaftete Rohrflöte4' klärt das Ganze und bringt Durchhörbarkeit. Subbass und Violon16' fegen die Empore mit langwelligen Schwingungen dazu Gedact-und Principalbass8'. Ein großes orchestrales Instrument im vollen Werk.
( "..." Zitate von Rühlmann in Kostenvoranschlägen/Werbekatalog)
Kollektivdrücker mit festen Kombinationen sind Hilfen für den Organisten. Hier ist soviel Energie und Klangschönheit gebunden das keine Oktavkoppel von Nöten ist. Leider noch unspielbar. Das massive holzsichtige Gehäuse mit 3 Rundbögenarkaden die von gotischen Maßwerkranken filigran gerahmt werden geben dem Raum eine Eleganz und Erhabenheit- und passen schlußendlich auch zum Klangkonzept: Im Wald nach einem Regenguß, Sonne scheint und das Moos ist ganz weich-es dampft- dazu Duft von frisch geschlagenem Holz und das Geschrei der Vögel- so hören sich die Instrumente in etwa an. Hoffentlich wird bald die Restaurierung beginnen und einige Förderstellen auf diesen Ort aufmerksam! So ein tolles Instrument.
Gehäuse noch ohne Pfeifen- Rundbögen und Rankenwerk

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