Der epochal prägende Klangstil der orchestralen Orgel zu Beginn des 20ten Jahrhunderts der lange Zeit verpönt und verteufelt war, erlebt dieser Tage ein Revival - eine Rückbesinnung. Überall wo man eine Orgel aus dieser Zeit besuchen möchte ist´s dasselbe. "Sie ist ausgebaut und wird saniert!" Vom Erzgebirge bis zur Küste. Hier zwei unbedingt sehens- und vorallem hörenswerte Instrumente. Der
ORGELBAU W. SAUER FRANKFURT/ODER GmbH gelang in der Dorfkirche GRÖBEN und der Stadtkirche TREBBIN (beide vor den Toren Berlins) eine hervorragende Restaurierung beider Instrumente.
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Gröben op.1045 - 1909 |
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Gröben Apsismalerei August Oetken 1909! |
Zur kleineren Orgel in
GRÖBEN. Erbaut von der Orgelbauanstalt
Wilhelm Sauer 1909 als
opus 1045. Sie steht bemerkenswerter Weise in einer ebenfalls 1909 erbauten Kirche deren Architekt kein geringerer als Franz Schwechten war. (*Architekt der KaiserWilhelmGedächtniskirche Berlin)
Außerdem besorgte die einmalige und originale Ausmalung der Kirche der ebenso bekannte Kirchenmaler August Hermann Oetken. Ornamentik und Apsishimmel sind bemerkenswert.
Dazu die kleine Orgel einer der führenden Orgelbauanstalten des deutschen Reiches, Wilhelm Sauer - Frankfurt-Oder! Sie kommt ganz schlicht daher-im Freipfeifenprospekt, auf II Manualen und Pedal nur 9 Register. Aber diese Stimmen besitzen so eine Aussage und entfalten im Raum eine derartige Schönheit das man auch nach einer Stunde Spiel Freude am Instrument und an den herrlichen Klängen hat. Das Instrument ist original erhalten, die technischen Komponenten wurden durchgreifend überarbeitet, klanglich wurden die gereinigten Pfeifen sehr behutsam nachintoniert - so daß der originale Charme der Register erhalten geblieben ist. Absolut besuchenswert und bis jetzt vollkommen unbekannt!
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Trebbin op.959 - 1905 mit freistehenden Spieltisch |
In TREBBIN fand man ein klanglich sehr auseinander driftendes umdisponiertes Werk vor, die Ausgewogenheit zwischen originaler Substanz und den "barockisierten Stimmen" harmonierte in keinster Weise miteinander. Die Streicher des I. und II. Manuales waren entfernt. Geigenprincipal 8' zu Principal 4' abgeschnitten, ebenso die Rauschquinte 2 fach. Es blieb nur der Principalchor mit Flöten und dem Cornett 3&4fach auf fundamentalen Bässen. Wie man auf so einem amputierten Instrument spielen kann- es ist ein Rätsel. Auch hier ist der
Orgelbau W. Sauer GmbH ein echtes Kleinod der Rückführung in die orchestrale Spätromantik gelungen. Die Werke stehen - wie soll es anders sein- auf pneumatischen Registerkanzellen-Kegelladen- Diese prägen doch entscheidend den Klang und lassen besser als die Schleiflade (Tonkanzellen) die Soloregister zu klarerer Wirkung kommen, da die einzelnen Stimmen sich nicht gegenseitig anziehen können. Für orchestral symphonische Instrumente ist eine Registerkanzelle immer der beste Weg der Tonerzeugung!
Für Barock/Neobarocke - die Tonkanzelle! Ein intensives "Hinhören" bestätigt das! In Trebbin wurde nicht nur die prinzipalige Rauschquinte wieder nach originalen Vorbildern ergänzt sondern auch die scharfe Gambe 8' auf I. rekonstruiert und im Schwellkasten auf II die Voix Celéste und Aeoline 8' angelängt teilweise neu angefertigt inklusiv der speziellen Klangzügel (frein harmoniques) aus Messing.
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Trebbin: Gambe 8' große Oktave aus Holz mit sauerschen frein harmoniques |
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Trebbin, rekonstruierte Registerschilder am historischen Spieltisch |
Die Nachintonation besorgte der hauseigene Intonateur der Firma W.Sauer, Uli Moritz. Technisch wurde das Instrument auch hier durchgreifend überarbeitet. Ein fehlender Stoßfänger auf der Windlade Manual I wurde ergänzt. Sie funktioniert jetzt tadellos in ursprünglich grundtöniger Klangpracht, was die Trompete8' und Posaune 16' sehr kraftvoll verstärken. Kein strahlender Barock sondern brachiale orchestrale Spätromantik ist hier wieder entstanden. Beeindruckend!
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Trebbin, Rollschwelleranzeiger und Firmenschild aus Glas 1905! |
Die gleiche Firma rekonstruiert momentan das Instrument in Jüterbog St.Nikolai (Orgel von W.Rühlmann opus300!!) Rühlmann baute im Vergleich zu W.Sauer weniger Instrumente, war begrenzt auf den mitteldeutschen Raum, aber dafür auf exquisiten Niveau mit einer-zu W. Sauer- differenzierten, eigenen Klangaussage- Beide SPÄTROMANTISCH SYMPHONISCH.
Beeindruckend!
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